Inflation ist bekanntlich derzeit der Hebel, der – neben unabsehbaren Katastrophen – am ehesten geeignet ist, eine weltweite Neubewertung von Vermögenswerten auszulösen.
Viele der Corona-Neuaktionäre wissen heutzutage gar nicht mehr, dass auch Inflation und Zinsentwicklung Variablen sind, die sich langfristig auf den Preis eines Vermögensgegenstands auswirken. Weil sie Inflation selbst seit über einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen haben. Dass man Inflation nicht sieht, heißt natürlich nicht, dass es sie nicht gibt. Ohnehin ist der Inflationsbegriff höchst diskutabel. Zum einen hat jeder Mensch seine individuelle Inflationsrate, zum anderen ist insbesondere fraglich, ob geldpolitisch relevante Inflation allein an einem Konsumgüterwarenkorb gemessen werden sollte. Wir tun uns seit Jahren sehr schwer mit dieser Vorstellung, denn Konsumgüter sind mehr oder weniger mit 0 % gewachsen, wohingegen Vermögens- oder Anlagegüter sicherlich mit 6, 7, 8 % pro Jahr wachsen.
Deshalb müsste man sich insgesamt mal die Frage stellen, welcher Gütergröße die Geldmengenaggregate gegenübergestellt werden sollten. Entgegen zu halten wäre, dass Immobilien – im Durchschnitt – vor ca. 2010 Jahrzehntelang real im Wesentlichen nicht bzw. kaum im Wert gestiegen sind. Aktien weisen demgegenüber – zunächst mal unabhängig von der Inflationsrate – eine „natürliche“ (nominale) Wertsteigerung von >7% p.a. über die letzten 200 Jahre auf. Das heißt, im Wertpapierbereich würden wir derzeit eigentlich keine besorgniserregende Preisinflation erkennen. Anders dagegen Immobilien, die seit etwa einem Jahrzehnt jedes Jahr ungewohnt stark im Preis wachsen.
Was könnte ein Grund hierfür sein? Unseres Erachtens vor allem die Investment-Refinanzierungs-Beziehung. Denn Immobilien werden traditionell hoch kreditfinanziert erworben. Preisänderungen in der Kreditvergabe in Form niedriger Zinsen wirken sich offenbar massiv auf die kreditfinanzierte Immobiliennachfrage aus. Aktien dagegen werden regelmäßig nicht auf Kredit gekauft und selbst wenn, dann jedenfalls aufgrund des Kursschwankungsrisikos nicht hoch beliehen. Es ist heutzutage ohne Weiteres möglich, eine Millionen Euro Kredit für eine luftige Immobilienfinanzierung in den Top-7-Städten zu bekommen. Es ist aber nach wie vor für Privatanleger nicht möglich, eine Million Euro Kredit für börsennotierte Unternehmensbeteiligungen zu bekommen.
In den oberflächlicheren Anlegerkreisen, d.h. im Dunstkreis der Crash-Propheten et al., wird gerne über die Ausweitung der EZB-Bilanzsumme eine Inflation hergeleitet, freilich verkennend, dass die Versechsfachung der EZB-Bilanzsumme allein schon ganz offensichtlich bisher keine Versechsfachung der Preise herbeigeführt hat. Der Zusammenhang ist also offensichtlich weder mechanisch noch automatisch. Dennoch wird auf lange Sicht nicht abzusprechen sein, dass erheblich mehr Geld bei unwesentlich steigender Gütermenge zu steigenden Güterpreisen führen müsste. Allerdings teilt sich die Geldverwendung auf: das Geld fließt nun einmal nicht in ein zweites Stück Butter, weil man dieses nicht verkonsumieren kann, folglich auch nicht in Erweiterungsinvestitionen in Unternehmen, sondern in Anlagegüter – sehr grob skizziert. Materiell ist Europa ja recht gesättigt und Konsumgüter kauft man sowie lieber in China. Man könnte die These aufstellen, dass die EZB-Niedrigzinspolitik deshalb so wirkungslos in Bezug auf das angestrebte Ziel ist.
Wobei schon das angestrebte Ziel diskutabel ist, denn Hans-Werner Sinn weist regelmäßig darauf hin, dass Preisniveaustabilität de facto bei 0 % Inflation gegeben ist. Schon die Zieldefinition von 2 % ist vor dem Hintergrund des Maastrichter Vertrags deshalb eine (Über?)Dehnung des politisch gewährten Mandats. Es dürfte aber nach wie vor Konsens unter Volkswirten sein, dass eine geringe, aber positive Inflation eine positive Wirkung auf die Konsumneigung hat und deshalb zu bevorzugen ist, wohingegen die Deflation wegen der Abwärtsspiralwirkung vermieden werden sollte.
Über die monetäre Dehnung des Mandats kommt – ebenfalls nach Hans-Werner Sinn – der Versuch, Wirtschaftspolitik zu betreiben, hinzu. Der amerikanischen Fed ist das ausdrücklich erlaubt; der EZB nicht. Außerdem erweitert die EZB ihren Zuständigkeitsbereich derzeit auch noch auf Klimapolitik. Nun ist Klimapolitik zweifelsohne das Gebot der Stunde – ob allerdings Geldpolitik dabei wirklich etwas zu bewegen vermag, würden wir bezweifeln. Unabhängig davon, dass wir generell bevorzugen, dass supranationale EU-Institutionen strikt ihr Mandat befolgen, da es anderenfalls an der politischen Legitimation mangelt. Etwas, das bei der EU im Hinblick auf demokratische Legitimationsdefizite ohnehin schon bemängelt wird. Was aber politisch lösbar wäre, wenn man im politischen Prozess nicht so schwerfällig wäre.
Wir müssen aber einmal über das hinwegschauen, was alle anderen längst diskutieren. Was derzeit alle diskutieren, ist, ob die schon beobachtete Inflation ein vorübergehender Buckel ist oder ob die Inflationsrate nun nachhaltig in Schwung kommt. Selbst ein unkontrolliertes Ansteigen der Inflationsrate wäre zumindest mal ein plausibles Szenario, wenn auch kein wahrscheinliches. Was wir im letzten Jahrzehnt beobachteten, war eine strukturell niedrige Inflationsrate, die auch durch ein außergewöhnliches, (finanz-)krisenbedingtes Notenbankengagement nicht in Schwung kam. Lediglich kurz vor der Corona-Krise hatte man so langsam den Eindruck, dass sich allgegenwärtige Knappheit am Arbeitsmarkt breit macht, was möglicherweise stärker steigende Löhne hätte indizieren können. Es kam bekanntlich anders.
Allerdings hat die Corona-Krisenpolitik das nun doch reichlich durcheinandergeschüttelte Wirtschaftsgefüge über die Kurzarbeiterrente eher zementiert, was den Arbeitsmarkt anbelangt. Die Arbeitsmarktknappheit ist also nur zeitweise verdeckt worden, dürfte also bald wieder „virulent“ werden. Allerdings hat die Corona-Krise eines entscheidend geändert und auch das Bundesverfassungsgericht hat für eine Zäsur gesorgt: es gibt kein Zurück mehr bei den Klimaschutzmaßnahmen und es ist der Boden bereitet worden, die teuren Maßnahmen auch tatsächlich auf den Weg zu bringen. Klar ist schon heute, dass der politisch (derzeit zu) niedrig festgelegte CO2-Preis dramatisch ansteigen wird. Vorab gesagt, soll hier nicht die – aus unserer Sicht wissenschaftlich geklärte – Frage besprochen werden, ob der Klimawandel existiert und wenn ja, ob dieser menschgemacht ist. Schon ohne jede wissenschaftliche Betrachtung stellt sich die Frage, ob sich die Menschheit überhaupt leisten kann, in der Beurteilung dieser Frage letztlich falsch gelegen zu haben. Allein diese Überlegung erscheint uns bereits ausreichend, das Mögliche zu tun, um einer Klimaerwärmung entgegenzuwirken.
Für uns ist aus Inflationssicht deshalb wichtig, zu fragen, ob wir dadurch nicht eine strukturelle Inflation in das Wirtschaftsgefüge bekommen. Der Umstieg auf CO2-Neutralität erfordert zum einen ganz platt Investitionen in entsprechende Technologien, was Teilbereiche der Clean-Tech-Wirtschaft massiv anschieben dürfte. Zum anderen dürfte sich für einen längeren – jahrzehntedauernden – Zeitraum Energie, insbesondere konventionelle Energie und Strom deutlich verteuern, aber auch die konventionelle Produktionsweise aufgrund der Verteuerung der Verschmutzungsrechte. Das ist aus unserer Sicht der entscheidende Unterschied zur Zeit vor Corona und die Politik schien fast schon überglücklich über das erlösende BVerfG-Urteil (ein laut Olaf Scholz ein „cooler“ Urteilsspruch, der das gesetzgeberische Scheitern am verfassungsrechtlichen Anspruch dokumentiert) zu sein, um endlich mehr Legitimation „von ganz oben“ für aus rein finanzieller Sicht unbeliebte Maßnahmen zu bekommen.
Das ist also nunmehr unsere Erwartung: die ständige argumentative Rückgriffsmöglichkeit auf das BVerfG-Urteil in Zukunft. Wir können uns deshalb sehr gut eine politisch induzierte „Internalisierungsinflation“ bzw. eine „grüne“ Inflation vorstellen. Etwas, das politisch schwer zu diskutieren sein dürfte, weil vielen eher einfach gestrickten Menschen nicht zu vermitteln ist, dass der Preis einer Plastiktüte mehr oder weniger in Höhe des Materialwerts nicht die richtige Bepreisung dieser Plastiktüte darstellt. Aufgrund der Folgeschäden einer Plastiktüte durch Umweltverschmutzung, mangelnde Rezyklierbarkeit, das Mikroplastikproblem und Fischqualitätsverschlechterung müsste der Preis eigentlich um die Sammlungs-, Entsorgungs- oder Recyclingkosten sowie um die Verschmutzungs- und Nichtrecyclebarkeitskosten höher sein. Dann wären Alternativprodukte aus Kreislaufmaterialien möglicherweise auch nicht mehr so teuer im Vergleich.
Ohne Zweifel ist die Internalisierungsinflation, die Klima- und Umweltfolgen in den Konsumentenpreis mit einbezieht, auch eine bedeutende soziale Frage. Allerdings wird man sich bei der Zerstörung der Lebensgrundlagen der Menschheit nicht darauf berufen können, dass schädliche Güter bisher sozialverträglich billiger waren, als sie es zukünftig sein werden. Denn sie waren schlicht zu billig, bislang also falsch bepreist. Es ist ja gerade dies die soziale Frage: durch den bisher zu niedrigen Preis schädlicher Güter müssen kommende Generationen einen höheren Preis zahlen, was dann auch die Begründung des BVerfG-Urteils war (Sicherstellung einer intertemporalen Grundrechtsgewährung).
Kurioserweise hat erst die lange Zeit schädigende Produktion und Entwicklung der Menschheit dazu geführt, dass Technologien verfügbar geworden sind, die erlauben, die Schädigung wieder zu begrenzen und möglicherweise rückgängig zu machen. Auf einem letztendlich viel höheren Wohlstands- und Entwicklungsniveau. Bei einer unermesslichen Schädigung der Lebensgrundlagen, deren Reversibilität noch fraglich erscheint.
Da die zunehmende klimapolitisch bedingte Verteuerung von (sowohl im Alltag wie im Produktionsprozess allgegenwärtigem) klimaschädlichem Verhalten aber an verschiedenen Stellen von Wertschöpfungsketten Eingang in den Wirtschaftskreislauf findet, könnten wir uns insgesamt ein nachhaltig gemäßigt inflationäres Umfeld vorstellen. Dies im deutlichen Kontrast zu der vergangenen Dekade: wir würden sagen, dass die Chancen auf dauerhafte Inflation in den letzten zehn Jahren nie so hoch waren wie aktuell mit dem Wiederanspringen der Weltwirtschaft.
Des Weiteren ist zu beachten, dass Inflationserwartungen wahrscheinlich entscheidender sind, als die tatsächliche Inflation. Kann man jetzt höhere Inflationserwartungen dauerhaft verankern, bestehen Chancen, dass die gemäßigte Inflation wieder in Gang kommt und auch im Hinterkopf bleibt. Geld sollte aus unserer Sicht auch wieder einen Preis bekommen und wir halten es für erstrebenswert, dass Geld wieder knapp wird, ausgedrückt durch einen positiven Zins. Es darf nicht vergessen werden, dass bei den Offenmarktgeschäften der EZB seit der Finanzkrise immer noch das Mengentenderverfahren mit Vollzuteilung, ergo unbegrenzte Geldversorgung der Banken, gilt, im Gegensatz zum Zinstenderverfahren vor der Finanzkrise, bei der für Notenbankgeld geboten werden musste und der Höchstzinsbietende die Zuteilung erhielt, das Geld also dorthin gelenkt wurde, wo es am ehesten gebraucht wird. Es gibt allerdings genügend zweifelnde Stimmen für die Annahme, dass eine Rückkehr zur Werthaltigkeit des Geldes gelingen wird, weil Niedrig- und Nullzinsen eine Droge sind, von der man in der Praxis nicht wegkommt.
Diesen inflationären Tendenzen entgegen stehen die strukturell deflationären Faktoren der letzten Dekade: Digitalisierung, Rationalisierung und Globalisierung. Manche Beobachter formulieren, dass Inflation nur denkbar ist, wenn die Löhne stark anziehen. Mario Draghi hatte auch gegenüber Bloomberg so verlautbart, dass nur eine Nominallohninflation zu steigender Konsumgüterinflation führen würde und also nur dadurch steigende Zinsen absehbar würden. Wir würden das arbeitshypothesenmäßig mitgehen, würden aber denken, dass für eine inflationswirksame Lohnsteigerung die Löhne in der Breite stark steigen müssten. Wahrscheinlicher erscheint aber, dass wenige Hochqualifizierte viel bessere Löhne herausholen können, während eine bedeutende Zahl an Gering- bis Mäßigqualifizierten aufgrund des Wettbewerbs um dieselben Arbeitsplätze mit im Wesentlichen gleichen Qualifikationsanforderungen keine großen Lohnsteigerungen erzielen können. Den Status Quo beschreibt deshalb der aktuelle BMWi-Monatsbericht:
Eine nachhaltige Erhöhung der Teuerungsrate ist aus heutiger Sicht nicht zu erwarten, denn aktuell sind keine Anzeichen einer Lohn-Preis-Spirale zu beobachten, die zu dauerhaft hoher Inflation führen kann.
In Deutschlands Sozialer Marktwirtschaft wird dies durch den gewerkschaftlichen Druck teilweise ausgeglichen; die Frage ist aber, wie lange Gewerkschaften Erfolg haben, wenn Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit durch zu hohe Lohnsteigerungen im internationalen Vergleich wieder sinken sollte. Der höhere Lohn des einen ist die verminderte Leistungsfähigkeit des Lohnzahlenden. In Summe sollte sich aber auch aus den gewerkschaftlichen Tarifabschlüssen bestenfalls ein sehr gemäßigter Lohndruck ergeben, der nicht zu einem strukturell inflationären Umfeld führen sollte. Es fehlt zunehmend an Preissetzungsmacht des Produktionsfaktors Arbeit.
Stand heute sehen wir auch keinen gesteigerten Anreiz in der Bevölkerung, sich möglicher Lohnunzufriedenheit durch Weiterbildung zu entziehen. Wir haben eine strukturelle neidbedingte Leistungs- und Elitenfeindlichkeit in Deutschland und die Lösung sollte deshalb von der Mehrheit nicht in individueller Höherqualizierung gesehen werden, sondern vorrangig in staatlicher Umverteilung. Was allerdings Leistungsträger, die sich noch nicht mit Abwanderung beschäftigen, dazu motivieren könnte.
Ein strukturell inflationäres Umfeld (nur zur Klarstellung: wir reden hier über „normale“ Inflationsraten von 1-4 %, was aber eben mehr ist als in der inflationsarmen vergangenen Dekade) führt aber notwendigerweise dann zu steigenden Zinsen, wenn die 2 %-Marke nachhaltig überschritten wird, da dies (neuerdings allerdings symmetrisch, d.h. im Durchschnitt) die geldpolitische Zielmarke der EZB ist. Nachhaltig höhere Zinsen sollten zu einer dramatischen globalen Neubewertung von Vermögenswerten führen. Der Hintergrund ist ganz einfach, denn der risikofreie Zins der Notenbank findet über die Kreditmarktrenditen direkten Eingang in die Abzinsungsfaktoren für zukünftige Zahlungsströme.
Nimmt man also konstant gestiegene Zinsen an, muss alles, was einen Preis hat, der sich von zukünftigen Zahlungsströmen ableitet (vor allem also finanzielle Vermögenswerte, Unternehmen und Renditeobjekte) mit einem höheren Zins diskontiert werden, was insgesamt zu einem niedrigeren Gegenwartswert führt. Das komplette betrachtete Zahlungsstrombündel (Aktie, Anleihe…) wird also mit jeder Zinserhöhung schlagartig weniger wert. Ausgleichen lässt sich das freilich durch unternehmerische Preissetzungsmacht, was die höheren Zinsen=Abzinsungssätze durch höhere zukünftige Gewinne ausgleicht.
Wie ruckelig der Prozess läuft, lässt sich aber dieses Jahr sehr gut ablesen. Die gefühlte (empirisch also nicht nachgeprüfte) Mehrzahl der Preiskorrekturen an den Börsen war in der ersten Hälfte dieses Jahres durch den Renditeanstieg von erstklassigen Staatsanleihen ausgelöst. Im Gegenzug ergaben sich gute Tage in der Regel dann, wenn die Renditen keine neuen Hochs produzierten. Dies scheint sich ein Stück weit dahingehend geändert zu haben, dass ein zu starker Renditerückgang mittlerweile – in der zweiten Jahreshälfte – wieder eher als wirtschaftliche Schwäche interpretiert wird. Wie man es also zinstechnisch macht, macht man es falsch.
Wir sind in der letzten Dekade als Anleger äußerst erfolgreich durch die Niedrigzinsphase gewesen. Wir haben den Wertpapierkredit mit seit mittlerweile sieben Jahren 1,25 % p.a. Zinsen durchgehend in Anspruch genommen, dies in nach wie vor hoch rentierende Unternehmensanteile gesteckt und allein durch die Zinsdifferenz und den Hebel signifikantes Mehrvermögen gegenüber der reinen Eigenkapitalanlage erwirtschaftet. Ein guter Teil davon geht sicherlich auf das geldpolitische Heben aller Boote mit der Flut. Wir sehen höheren Kreditzinsen also eher skeptisch, da gleichzeitig die Assetpreise kontrahieren und die Finanzierungskosten steigen. Sollte die Inflation aber gemäßigt bleiben, wie es unsere Arbeitshypothese ist, sehen wir die konkreten Risiken auf beiden Seiten als verschmerzbar an. Hinsichtlich der mindestens anzustrebenden kaufkrafterhaltenden Rendite sind wir aber – ohne akademische Begründung – der klassischen Formel Geldmengenausweitung zu Gütermengenausweitung näher, als der Warenkorbinflationsrate. Wir streben mindestens eine Wertentwicklung in Höhe der M3-Ausweitungsrate an.
Wenn man sich eigenständig mit der Geldanlage beschäftigt, sollte die Aufgabe, Geldschöpfung, Geldpolitik, Inflation und Zinsen so gut es geht zu verstehen, eine hohe Priorität einnehmen. Dabei ist allerdings Vorsicht bei der Auswahl der Informationsquelle geboten. Zwar singen die Sirenen der Österreichischen Schule immer verlockend und gleichen dabei bei der Beurteilung von ungedeckten Geldsystem eher schrillen Alarm-Sirenen. Sie bieten ein scheinbar geschlossenes Weltbild aus grundsätzlich nicht unschlüssigen Erklärungen mit allerdings allzu viel Mechanik und Automatik.
Wenn man sich die prominenten Vertreter einmal ansieht, wozu interessanterweise die meisten Crash-Propheten gehören, Krall, Otte, Friedrich, dann fällt auf, dass die vermeintlichen geldpolitischen Automatismen in der Realität nicht durchgreifen. Das deckt sich aber dann auch mit den sog. Prognosen und Einschätzungen der Crash-Propheten, die selbst ihren eigenen größten Crash in den letzten 18 Monaten erlebten. An dieser Stelle dürfen wir uns noch für den Ritterschlag bedanken, von ETF-Papst Gerd Kommer für unsere Crashprophentum-Berichterstattung mit sogar zwei Artikeln als Quelle genannt worden zu sein, was wir bei aller Polemik in unseren Artikeln als Auszeichnung eines dem Grunde nach seriösen Arbeitens interpretieren.
Fazit
Zwar hat die EZB die Notenbankbilanzsumme seit 2015 versechsfacht. Es ist aber offensichtlich, dass es ungeachtet dessen keinen sichtbaren Wirkungszusammenhang mit der Verbraucherpreisinflation gegeben hat. Das muss den verständigen Betrachter eigentlich geradezu dazu einladen, sich einmal Gedanken zu machen, warum das so ist und welche Implikationen das für die Geldpolitik haben sollte.
Wir können hier natürlich kein abschließendes Ergebnis präsentieren, weil wir selbst noch zu keinem gekommen sind und ein solches ist auch nicht in Sicht. Rein theoretisch wäre es natürlich zumindest nachvollziehbar, dass bei sechsmal mehr Geld c.p. dasselbe Stück Butter sechsmal mehr kosten sollte. Zum einen aber ist der Transmissionsmechanismus der Notenbankbilanz zur Güternachfrage offenbar nicht sehr wirksam, wenn nicht gerade Immobilien finanziert werden. Eine Güterknappheit gibt es im Konsumgüterbereich ebenfalls nicht, den Corona-Sondereffekt einmal außen vor. Wohl aber gibt es Knappheiten bei Anlagegütern, weshalb hier die Preise immer weiter steigen und die Renditen immer weiter fallen. Im Anlagegüterbereich materialisiert sich also die expansive Geldpolitik.
Zum anderen bilden sich geldpolitisch relevante Verbrauchsgüterpreise eben offenbar maßgeblich durch andere Faktoren als allein die Notenbankbilanz oder die verfügbare Geldmenge, nämlich vor allem durch Angebot und Nachfrage. Wobei schon noch offen ist, wie lange Konsumgüter im Preis nicht wesentlich steigen können, wenn die Eingangsleistungen wie Lohn, Rohstoffe und Miete ständig teurer werden. Und des Weiteren hat seit dem Ende der 90er Jahre das Nichtmaterielle (vorrangig im Sinne des Digitalen, aber auch im Sinne des Wohlstandsgesättigten) gegenüber dem Materiellen massiv an Bedeutung gewonnen. Aber auch im Digitalen gibt es Preissteigerungen und wir gehen davon aus, dass nach den langjährigen Anlaufverlusten vieler Tech-Unternehmen auch hier die Erntephase gerade in Monopolmärkten mit der Folge eines stärkeren Einflusses auf Konsumgüterinflation schon noch kommen dürfte.
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Hallo
Sehr schöne differenzierte Betrachtung des Themas Inflation ohne den Teufel an die Wand zu malen!
Kurz habe ich mich ertappt als ihr es von einem Wertpapier Kredit hattet das ich meinen nicht ausschöpfe und den hebel eben nicht habe. Dann ist mir aber wieder eingefallen das ich so definitiv besser schlafen kann 😁
Absolut, guter Schlaf ist definitiv wichtiger 😉
Wie immer ein gut recherchierter und anspruchsvoll strukturierter Beitrag mit vielen Anregungen. Stets beeindruckend wie tief ihr bei euren Beiträgen ins jeweilige Thema einsteigt. Vielen Dank für eure Arbeit und das Gedankenfutter!
Danke für den freundlichen Kommentar! Freut uns immer, wenn ein Beitrag gut ankommt 😉