Wir wollen in unserem heutigen Artikel wieder einmal ein bisschen querbeet durchs Portfolio streifen und berichten und auch ein bisschen erzählen, welche Auswirkungen der Kurseinbruch auf unsere Anlagestrategie hat…
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…und um gleich zum letztgenannten zu kommen: der Kurseinbruch vom Oktober hatte natürlich überhaupt gar keine Auswirkung auf unsere Strategie. Im Gegenteil. Da wir auf kurzlebige Finanzexperimente wie bspw. Optionsstrategien – aus selbst erworbener Erfahrung – verzichten, gab es natürlich auch keinerlei Gefahr eines Margin Calls o.Ä. Wir bleiben ruhig und entspannt und schauen uns vom Seitenrand an, wie bei der Masse der Anleger die Emotionen wieder hochkochen, sobald an den Märkten Gewitterwolken am Horizont aufziehen. Im Atypisch Still Portfolio ist also alles so wie immer. Alles?
Nicht ganz. Denn natürlich werden einige Werte in einem allgemeinen Marktrückgang auch wieder billiger, und billige Preise bedeuten oftmals Kaufkurse. Eines der Unternehmen, die hart getroffen wurden, ist Amazon mit fast 30 % Kursverlust. Wir haben hier die Gelegenheit genutzt nachzulegen und Amazon somit zu einer der größten Positionen aufgebaut. Disruption hat einen Namen, der lautet weiterhin Amazon und nichts anderes. Es gibt für uns überhaupt keinen Anlass, an Jeff Bezos und seinem Unternehmen zu zweifeln und Kursrücksetzer, zumal solch substantielle, können nach unserer Ansicht bedenkenlos zu einem Einstieg genutzt werden.
Darüber hinaus haben wir einige besonders abgestrafte deutsche Werte eingesammelt, die über ein überzeugendes Geschäftsmodell verfügen und gleichzeitig zuverlässige Dividendenzahler sind. Darunter den traditionell margenstarken Premiumautohersteller Daimler, dessen Aktien weiter noch unter den Kursen vom Höhepunkt der VW-Diesel-Krise im Herbst 2015 notieren. Grundsätzlich negativ zu werten bei Autobauern ist die hohe Abhängigkeit von China. Wir sind recht skeptisch vor allem hinsichtlich der rechtlichen Absicherung unternehmerischer Entscheidungen ausländischer Unternehmen in China. Dagegen ist es BMW als erstem ausländischen Autohersteller überhaupt kürzlich gelungen, sich eine Mehrheit an einem chinesischen Gemeinschaftsunternehmen (Brilliance) zu sichern. Bislang durften Ausländer maximal 50% an Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Partnern halten und es stimmt vor dem Hintergrund, dass China im Gegenzug ganze Unternehmen und Landesinfrastrukturen in aller Welt aufkauft, einigermaßen positiv, dass nun auch zaghaft ausländische Kontrolle zugelassen wird. Nichtsdestotrotz sehen wir in China auf mittel- bis langfristige Sicht vordergründig ein Land, dessen politisches System und politische Zielsetzung eher auf Dominanz und Konfrontation gerichtet ist und nicht auf Kooperation. Deshalb ist eine Investition in Autobaueraktien mit hohem China-Absatz sicherlich beobachtungsbedürftig. Lange Rede, kurzer Sinn, auch BMW haben wir in der Variante der höherverzinslichen Vorzugsaktie aufgestockt. Bei beiden Werten konnten wir uns etwa 6-7 % Dividendenrendite einkaufen.
Auch massiv abgestraft wegen eines – mittlerweile weitverbreiteten – sogenannten „schwächeren Ausblicks“ auf das vierte Quartal, wie es immer heißt, wenn die Analysten zu hohe Erwartungen hatten, wurde die Mutter der Tinder-App: die Match Group. Rund -21 % standen hier wegen eines geringfügigen Millionenbetrags downside-guidance in der Spitze zu Buche, weshalb wir auch hier nochmal zugeschlagen haben. Der Umsatz wächst auf Jahressicht um 30 %, der Laden läuft mehr als rund und es dürfte wenig konjunkturunabhängigere Geschäftsmodelle als das der Match Group geben. Nicht vergessen darf die weltweit zunehmende digitale Durchdringung sowie der Fakt, dass in jedem einzelnen Jahr die Weltbevölkerung um ein ganzes Deutschland wächst, was für Unternehmen, die sich an Endkunden wenden, in der Tendenz kontinuierlich größere Märkte bedeutet. Wir freuen uns jedenfalls, einen noch größeren Anteil an der Match Group zu besitzen. Diese hatte nun mit Quartalszahlenbekanntgabe überraschend auch eine Sonderdividende von 2 USD angekündigt für das vierte Quartal. Der Hintergrund ist nach den Aussagen des Managements wohl, dass man auch nach Investitionen schlicht nicht weiß, wohin mit dem Geld. Wir nehmen die Dividende gerne mit und freuen uns über die Versteuerung im Firmendepot mit lediglich 15 % statt 25 %. Die Aussage des Managements, dass die Firma „extremely cash generative“ (+94% FCF ggü. VJ) ist, freut uns und lässt zukünftige Dividendenzahlungen erwarten.
Einen ersten Einstieg haben wir bei der Firma Autodesk gewagt, die CAD-Software und sog. Building Information Modelling (Bauwerksdatenmodellierung, BIM) anbietet. Durch letzteres Schlagwort sind wir überhaupt erst auf die Firma gestoßen. CAD-Software dürfte dagegen für die meisten bereits ein Begriff sein. Die Gebäudeplanungssoftware dürfte jedoch auch mehr und mehr Absatz finden. Wikipedia schreibt etwa dazu:
Die Verabschiedung des „Stufenplans Digitales Planen und Bauen“ durch das BMVI soll die Umsetzung von BIM in Deutschland vorantreiben. Im Stufenplan fordert das BMVI „die Einführung von modernen, IT-gestützten Prozessen sowie Technologien zur Planung, für den Bau und das Betreiben von Bauwerken“. Es werden vertragliche Regelungen definiert, die enge Zusammenarbeit der Baubeteiligten erklärt und die teamorientierte Planung im technischen Sinne aufgezeigt. Ab 2020 gelten die Regelungen für alle neu zu planenden Projekte des infrastrukturbezogenen Hochbaus als verpflichtend.
Autodesk ist Marktführer in diesen Bereichen und das ist oft bereits ein Vorteil und Wert an sich. Nachdem wir über Jahre bei Nemetschek & Co. aus verschiedenen Gründen nicht eingestiegen sind, haben wir nun eben „zum Original“ gegriffen. Niemand kann es sich in Zukunft leisten, bei Baukosten für größere Gewerbeobjekte in Höhe von Dutzenden bis hin zu Hunderten Millionen Euro Fehlplanungen in Kauf zu nehmen. Genau deshalb sind wir absolut davon überzeugt, dass bei jedem neuen Bauprojekt eine solche Planungssoftware eingesetzt werden wird. Es ist ein Wachstumsunternehmen, es verkauft das mittlerweile ubiquitäre Software-Subskriptionsmodell mit dem Zweck stetiger Einnahmen, es ist sicherlich auch ambitioniert bepreist. Nachdem aber die Investorenpräsentation vor in Aussicht gestelltem Wachstum nur so strotzt und wir von dem Bedarf und der Nachfrage der Produktpalette überzeugt sind, sind wir mit einer Anfangsposition eingestiegen.
Daneben haben wir einigere Werte in kleinerem Rahmen aufgestockt, darunter Blackrock, Allianz, BASF, Bayer, Fresenius, Aareal Bank, Continental, die z.T. schlicht zu billig zum Ignorieren wurden. AB InBev halten wir ebenfalls, haben trotz den Kurssturzes aber nicht nachgekauft, weil eine Dividendenkürzung um 50 % grundsätzlich ein akutes Warnsignal ist. Dass die dadurch zur Verfügung stehenden Eigenmittel nun für die schnellere Tilgung des exorbitanten Schuldenbergs eingesetzt werden können, ist dagegen vor dem Hintergrund des anstehenden Zinsanhebungszyklus grundsätzlich positiv. Davon abgesehen halten wir das Alkoholgeschäft für beständig und konjunkturunabhängig, was uns gefällt.
Damit sind wir auch schon beim nächsten Thema, nämlich den für unseren Wertpapierkredit höchst relevanten Leitzinsen. Von Seiten der EZB gibt es nichts Neues dazu. Die Zinsen werden „mindestens über den Sommer 2019“ hinaus bei Null bleiben. In den USA stand die 10-Jahres-Rendite zuletzt bereits bei fast 3,3 %, während die Laufzeitprämie für langlaufende Anleihen immer geringer wird, was bereits auf ein Ende oder zumindest eine Abschwächung des Anhebungszyklus hindeutet. Auf beiden Seiten des Atlantiks wird die Konjunktur mittlerweile politisch auch nach Kräften gebremst. Der eine zündelt kontinuierlich am Welthandelssystem, in Europa vertritt Italien die Ansicht, dass (auch) aus Schulden resultierende Probleme mit noch mehr Schulden gelöst werden können. Die Folge ist jedenfalls ein zunehmend eingetrübter konjunktureller Ausblick, was die Gefahr schneller und hoher Zinserhöhungen gerade im Euro-Raum u.E. etwas dämpft. Draghis Amtszeit endet im Oktober 2019 und damit könnte aus heutiger Sicht ein halbes goldenes Jahrzehnt des Mindestsatzes beim Degiro-Wertpapierkredit langsam einem Ende entgegengehen. Unser Vorteil aus den dadurch in den vergangenen Jahren möglichen höheren Dividenden und den Kursgewinnen aus zeitlich auf Kredit vorgezogenen Aktienkäufen beläuft sich insgesamt sicherlich auf einen deutlich fünfstelligen Betrag. Ein Betrag, der uns geldpolitisch geschenkt wurde, während der Rest der Welt sich beklagt, dass es auf dem Sparkonto keine Zinsen mehr gibt.
Ansonsten gibt es nicht viel Neues im Depot, der eine Wert geht ein bisschen runter, der andere Wert geht dafür ein bisschen hoch. Wichtig ist, dass es keine Dividendenkürzungen gab und auch keine Nachrichten, bei denen wir etwas vorsichtiger mit dem einen oder anderen Unternehmen werden würden. Ende September ist immer ein beliebter Zeitpunkt für Hiobsbotschaften, wenn im Rahmen der Quartalabschlusserstellung auffällt, dass die Jahresprognose doch hinfällig ist. So ist es bei den Autobauern, mehr oder weniger absehbar, ja nun auch eingetreten. Siemens dagegen hat als erster Kandidat für das Dividendenjahr 2019 die Dividende angehoben, magere +2,7 % stehen hier zu Buche, nachdem auch bereits im Vorjahr ein ähnlich magerer Erhöhungsbetrag bekanntgegeben wurde. Wenig erfreulich, aber auch solche Jahre gibt es. Auf 10-Jahres-Sicht beträgt die Dividendensteigerung jedoch +9 % p.a.
Corestate Capital berichtet gerade heute von einer geplanten Dividendensteigerung für das Geschäftsjahr 2018 von 25,0 %. Unter unseren anderen Werten hat u.a Microsoft vor ein paar Wochen die Dividende um +9,5 % erhöht, die aus einer Abspaltung von Yum! Brands hervorgegangene Yum China Holdings um +20,0 %, sowie der Kosmetikhersteller Estee Lauder um +13,2 %. Das ist vor allem deshalb erfreulich, weil es sich bei den genannten Werten in Summe um etwa 5 % des Gesamtportfolios handelt. Kleinere Erhöhungen gab es im Sommer noch bei Diageo mit +5,0 % sowie bei BP, die zum ersten Mal seit 2014 ihre Dividende um +2,5 % angehoben haben. In unserem letzten „Portfolio-Artikel“ haben wir bei Blackrock von einer Dividendenerhöhung von +15,0 % im 1. Hj. 2018 berichtet. Diese wurde nun außerplanmäßig nochmals aufgestockt, sodass insgesamt um +25,2 % gegenüber Vorjahr erhöht wurde. Bei Blackrock lesen wir in letzter Zeit von unerfreulich starker Konkurrenz durch kostengünstige ETFs vom nicht-gewinnorientierten, nicht-börsennotierten, genossenschaftsähnlich organisierten Anbieter Vanguard. Wir sind natürlich nach wie vor der Auffassung, dass jeder ETF-Kauf dazu beiträgt, dass zunehmend der Schwanz mit dem Hund wedelt. Bis das aber die Masse realisiert, verdienen wir exzellent am ETF-Hype mit. Wir hoffen nun, dass Blackrock, als das in unserem Portfolio erfahrungsgemäß erste im Januar berichtende bzw. dividendenerhöhende Unternehmen, im Januar nun trotzdem an seinem üblichen Erhöhungszyklus festhält.
Bei der Erlebnis Akademie AG läuft derzeit eine kleinere Kapitalerhöhung um rund 1 Mio. Euro. Da es die Aktien zu günstigen 18 Euro gibt, greifen wir gerne zu. Das entspricht etwa unserem Einstandskurs, den wir seit dem Kauf nie wieder gesehen haben. Am Dienstag werden Q3-Zahlen veröffentlicht und aufgrund des guten Wetters im Sommer werden gute Zahlen erwartet. Außerdem erstellt die Erlebnis Akademie wie im Vorjahr – freiwillig – einen Konzernabschluss. Das ist für die Größenordnung des Unternehmens nicht vorgeschrieben und deshalb absolut hervorhebenswert – so sieht gute IR-Arbeit aus. Daneben sind wir nach wie vor mit Umschichtungen von den Privatdepots ins Firmendepot beschäftigt, sobald sich steuerschonende Kursentwicklungen ergeben. Die Werte mit den größten unrealisierten Reserven befinden sich noch im Privatdepot und werden zukünftig voraussichtlich über längere Zeit mit dem Sparerfreibetrag abgeschmolzen werden müssen.
Noch ein Hinweis in eigener Sache: wir haben in der letzten Woche all unsere gesammelten Erfahrungen und im Vorfeld der UG-&-atypisch-Still-Gründung angestellten Überlegungen und durchgeführten Recherchen in „Die Sparschwein-UG“ zusammengefasst und veröffentlicht, deren Erstellung in den letzten Monaten einen beachtlichen Anteil unserer Zeit in Anspruch genommen hat. Doch damit sind wir natürlich nicht am Ende, sondern wir arbeiten bereits an einer deutlichen Erweiterung, Überarbeitung und Detaillierung, sodass es eine aktualisierte Auflage im Laufe des Jahres 2019 geben wird. Käufer der ersten Stunde sollen dadurch natürlich keinen Nachteil haben, sodass für diese das „Update“, wenn man so will, für einen symbolischen Preis zu haben sein wird.
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2 Gedanken zu „Investieren mit Wertpapierkredit in Zeiten des Kurseinbruchs und ein paar Equity Stories“
Freut mich von euch neue Artikel zu lesen 🙂
Mein Depot ist bisher ganz ok durch den Herbst gekommen. Nachkäufe habe ich bei Amazon, Daimler, Covestro und Alibaba getätigt.
Darf man fragen wieviel Prozent eures Depots in der aktuellen Situation mit dem Wertpapierkredit finanziert sind? Und wie ist eure Strategie: so schnell wie möglich abzahlen oder eher die niedriegen Zinsen nutzen und nicht ganz so schnell abzahlen?
Wir haben das ja schon durchscheinen lassen, dass wir dem Wertpapierkrediteinsatz nicht abgeneigt sind und ein Verhältnis von 50 % Fremdkapital zu 50 % Eigenkapital als vertretbar eingeschätzt. Aktuell sind wir, auch aufgrund der gesunkenen Kurse und der Nachkäufe, etwas mehr zum FK hin. Aber grundsätzlich streben wir 50:50 an. Solange die Aktienrenditen über den Wertpapierzinsen liegen, muss man theoretisch nicht abzahlen. Vor der Hintergrund des vermutlich anstehenden Zinsanhebungszyklus werden wir das jedoch trotzdem tun. Jedenfalls aber nicht bis auf 0 abzahlen, sondern irgendein gesundes Verhältnis zwischen 0 und dem jetzigen Stand 😉
Freut mich von euch neue Artikel zu lesen 🙂
Mein Depot ist bisher ganz ok durch den Herbst gekommen. Nachkäufe habe ich bei Amazon, Daimler, Covestro und Alibaba getätigt.
Darf man fragen wieviel Prozent eures Depots in der aktuellen Situation mit dem Wertpapierkredit finanziert sind? Und wie ist eure Strategie: so schnell wie möglich abzahlen oder eher die niedriegen Zinsen nutzen und nicht ganz so schnell abzahlen?
Wir haben das ja schon durchscheinen lassen, dass wir dem Wertpapierkrediteinsatz nicht abgeneigt sind und ein Verhältnis von 50 % Fremdkapital zu 50 % Eigenkapital als vertretbar eingeschätzt. Aktuell sind wir, auch aufgrund der gesunkenen Kurse und der Nachkäufe, etwas mehr zum FK hin. Aber grundsätzlich streben wir 50:50 an. Solange die Aktienrenditen über den Wertpapierzinsen liegen, muss man theoretisch nicht abzahlen. Vor der Hintergrund des vermutlich anstehenden Zinsanhebungszyklus werden wir das jedoch trotzdem tun. Jedenfalls aber nicht bis auf 0 abzahlen, sondern irgendein gesundes Verhältnis zwischen 0 und dem jetzigen Stand 😉