In diesem Beitrag wollen wir Dir zeigen, wie du ETFs gratis kaufst und was Du sinnvollerweise damit machst – nämlich das, was wir damit machen. 🙂
Gleich vorweg: wir sind keine Freunde des ETF und wir werden in einem kommenden Artikel auch erläutern, warum Du ETFs paradoxerweise gerade nicht kaufen solltest. Alle Ausführungen natürlich unter der Prämisse des informierten, selbstständigen, eigeninitiativen Anlegers, bei dem der Schneeball bereits einigermaßen rollt. Das ist aber Zukunftsmusik, kommen wir zum Thema dieses Artikels.
Wie Du kostenlos ETF kaufst
Nachdem in Deutschland praktisch jeder Broker den Privatanleger in erster Linie als Melkkuh begreift und selbst beim 25€-Sparplan noch saftig kassieren möchte, tut sich DeGiro seit Öffnung des Geschäftsmodells für Privatanleger als kompromissloser Preisbrecher hervor. DeGiro ist dabei im Vergleich zu allen uns bekannten deutschen Brokern derart radikal im Vorgehen, dass hier durchaus Parallelen zu den erfolgreichen Disruptoren des Silicon Valley gezogen werden können. Unserer Ansicht ist DeGiro auch eines der wenigen FinTechs, die diesen Namen wirklich verdienen.
Die Bequemlichkeit und mangelnde Innovationsfähigkeit deutscher Broker hat über Nacht dazu geführt, dass sie sich nach dem Markteintritt von DeGiro de facto in einer unkomfortablen stuck-in-the-middle-Position wiederfinden. Dass die große Wechselwelle bislang ausblieb, ist vorwiegend dem zum einen – verglichen mit bspw. den USA – unterentwickelten, und zum anderen einseitig-tendenziösen deutschen Finanzjournalismus zu verdanken. DeGiro taucht entweder gar nicht auf (Paradebeispiel: Vergleiche von Wertpapierkrediten) oder auf Platz 13 von 14, weil im Pauschaltest Äpfel mit Birnen verglichen werden und der schlank aufgestellte Preisbrecher mit dem teuren Vollangebotbroker verglichen wird. Wobei per Test-Definition derjenige gewinnt, der am meisten anbietet – also jedes Mal aufs Neue der Vollangebotbroker.
Vom Ende her gedacht ist es jedoch ein Fakt, dass jeder Cent Kosteneinsparung riesige Auswirkungen am langen Ende der Zinseszinskurve hat. Ob das am Anfang der Investorenlaufbahn vom Vollkomfortbroker spendierte „kostenlose“ Online-Webinar zum 4x-Turbo-Express-Knockout-Zertikat den Nachteil höherer Transaktions- und/oder laufender Kosten aufwiegt, darf bezweifelt werden. Wir wollen das ganze neumodische Zeugs nicht und setzen voll auf die Aktie und somit auf direktes Eigentum an realen Unternehmen. Wir sparen so an mehreren Stellen: an Kosten, an Zeit und an Nerven.
Sollen Anleger also langfristig erfolgreich sein bzw. werden, ist es – vom Ende her gedacht – geradezu eine Falschberatung, Anbieter mit höheren Kosten als Testsieger zu präsentieren. Fehlt dem Anleger das nötige Wissen, so muss es gerade der Anspruch sein, ihn aus der Unmündigkeit zu befreien. Das liefe aber dem Geschäftsmodell vieler Aktienmagazine zuwider, den Anleger durch monatlich neue Informationsbruchstücke langfristig als Leser an sich zu binden. Wenn man einmal alles Wesentliche erfahren würde, bräuchte man das Magazin ja nicht mehr. Zwischenfazit: alles, was für den langfristigen Vermögensaufbau essentiell ist, bietet DeGiro an und das zu Niedrigstpreisen. Der nötige Rest ist Hirnschmalz.
Insbesondere bietet DeGiro den kostenfreien Erwerb von mehr als 700 ETFs an. Hier fallen wirklich keinerlei Kaufnebenkosten an, nicht einmal Fremdgebühren. Wie so etwas überhaupt möglich ist, steht allerdings auf einem anderen Blatt, Quersubventionierung und Abgabe zum Selbstkostenpreis aus Werbungsgründen dürften aber wohl naheliegen.
Was also tun?
Das Depot mit ETFs überladen? Aus unserer Sicht ein klares Nein. Kaufe ich mir jeden Monat einen DAX-ETF, so kaufe ich mir jeden Monat einen Anteil an der Deutschen Bank, einen Anteil an der Commerzbank, einen Anteil der Lufthansa, an RWE, an E.ON. Alles Branchen, die in der letzten Zeit nicht übermäßig glücklich ausgesehen haben, wenn man das Air-Berlin-Strohfeuer bei der Lufthansa mal außen vor lässt. Der ETF-Sparplan mag über die lange Zeit rein rechnerisch vielleicht sogar aufgehen mit der Wunschrendite, die man sich vorgestellt hat.
Aber was ist denn der DAX eigentlich? Es ist der gewichtete Durchschnitt von Börsenpreisen von 30 einzelnen Unternehmen. Das vergessen viele – die moderne Krankheit der Mittelbarisierung des Investierens. Nicht „der DAX“ steigt, sondern der Durchschnittspreis der 30 einzelnen Unternehmen, die der DAX lediglich repräsentiert. Darunter sind gute Unternehmen, an denen man sich gerne beteiligt, darunter sind o.g. eher schwierigere Unternehmen, die man eventuell eigentlich gar nicht haben möchte. Viele Menschen sind ja als Hobby- und/oder Schönwetter-Kapitalismuskritiker veranlagt, die aus mehr oder weniger nachvollziehbaren Gründen eigentlich extreme Bauchschmerzen bei dem Gedanken bekommen müssten, über einen ETF-Sparplan (mittelbarer) Anteilseigner der Deutschen Bank zu sein. Eine Bank übrigens, bei der erst um den 30.09.2016 schon wieder die Worte Lehman und Staatshilfe fielen. Nur weil man unbedingt einen unkomplizierten Sparplan ohne viel Nachdenken zum automatischen Reichtum wollte. Es fährt ein Zug…nach nirgendwo…
Dieses blinde, ungesteuerte Investieren ist nichts für uns. Die laufende Verwaltungsgebühr mal noch gar nicht in die Betrachtung einbezogen. Wir können es niemandem ausreden, aber wir möchten jeden ermutigen, Anteile an einzelnen Unternehmen zu kaufen und nicht Anteile an einer gesichtslosen Vermögensmasse. Ein wesentlicher Grund für uns ist die Möglichkeit der Steuerung des Auszahlungsprofils. Ein weiterer Grund ist das direkte Profitieren vom Zinseszinseszinseffekt, den man in ETFs nur höchst mittelbar hat.
Wofür nutzen wir also ETFs konkret?
Die Antwort ist ganz einfach: ausschließlich zur Absicherung! Degiro führt in der ETF-Liste mit den über 700 Gratis-ETFs auch Short-ETFs auf, z.B. auf den DAX oder auf amerikanische Indizes. Je nachdem, welcher Index als Stellvertreter besser die eigene Portfoliorisikoexposition widerspiegelt. Teilweise sogar mehrfach gehebelte ETF. Wir haben konkret den 2x-ShortDax-ETF bei Degiro in der Favoritenliste für den Notfall gespeichert. Außerdem, aber noch nie gebraucht, Short-EUR/USD und Short-S&P-ETFs.
Dabei sichern wir das Depot aus Kostengründen prinzipiell gar nicht ab. Grundsatz: jede Absicherung kostet und Kosten wollen wir nicht haben. Jetzt könnten wieder die Besserwisser aus der letzten Reihe fingerschnipsend sich zu Wort melden: „und was ist mit dem costless collar“? Der kostet auch – und zwar Renditemöglichkeiten.
Lediglich bei absolut singulären Ereignissen nehmen wir also einen geringen Anteil Short-ETFs ins Depot, um Abwärtsrisiken abzufedern. Dies war bislang nur bei der Brexit-Abstimmung und bei der US-Präsidentschaftswahl der Fall. Zu beachten ist, dass im Rückblick diese beiden Ereignisse gar nicht als große Verlustereignisse im Gedächtnis geblieben sind. Dies hätte aber zum einen auch anders kommen können. Und zum anderen waren die Indizes noch in den jeweiligen Nächten zweistellig im Minus, um sich dann am folgenden Tag aber kräftig zu erholen.
Daneben sind thesaurierende Fonds und somit auch ein Großteil der ETFs durch die Investmentsteuerreform 2018 vollständig entwertet worden. Der Staat möchte gerne bereits fiktive Gewinne besteuern, die noch gar nicht realisiert wurden. Die Vorabpauschale mag aktuell niedrig erscheinen. Allerdings sind steigende Leitzinsen absehbar und damit auch steigende, zu besteuernde, staatlich fingierte Basisverzinsungen programmiert. Ein schwerer Schlag für den Finanzstandort Deutschland, für die Entwicklung der Wertpapierkultur, für die staatsunabhängige Altersvorsorge und – somit eben nichts für und nicht mit uns.
Kostenloser Sparplan mit ETFs möglich
Wer aber möchte, kann mit den kostenlosen ETFs von DeGiro selbstverständlich seinen eigenen Sparplan bauen. Ein Kauf (oder Verkauf) eines ETFs pro Monat ist kostenlos möglich und hier sind sogar kostenlose Nachkäufe im gleichen Monat, allerdings mindestens in 1.000-Euro-Blöcken, möglich. Es lassen sich also im Ergebnis grenzenlos ETF ohne Nebenkosten kaufen. Zur Erinnerung: wir gehen in unserer Darstellung grundsätzlich davon aus, dass wir uns nicht in den finanziellen Größenordnungen des 25€-Sparplans befinden.
Für den eventuellen Verkauf wartet man entweder bis zum nächsten Monat und kann dann gratis verkaufen (alles oder zunächst einen Teil und anschließend im gleichen Monat in 1.000-Euro-Blöcken weiter) oder man zahlt einfach die absolut konkurrenzfähige Gebühr von ~2 Euro. Damit ist der selbstgebaute Gratis-ETF-Sparplan von DeGiro ein in jeder Hinsicht attraktives Angebot.
Einen Nachteil, der im Zusammenhang mit dem Wertpapierkredit speziell von DeGiro steht, sei hier noch erwähnt: unserer Erfahrung nach haben ETFs bei DeGiro grundsätzlich das schlechteste Rating für den Wertpapierkredit, sodass die Käufe vollständig aus Eigenkapital vorzunehmen sind. Anders formuliert, können ETF-Anteile nicht als Kreditsicherheit genutzt werden. Wir haben hier jedoch schon ausreichend dargestellt, dass ETF-Sparpläne bzw. allgemein ETFs für uns (als überzeugte Freunde der direkten Investition in Unternehmensanteile) grundsätzlich nicht zu unserer Anlagephilosophie passen.
Fazit
Was wollen wir: mehr Rendite, weniger Kosten, weniger Steuern, die magische Trias für den erfolgreichen Vermögensaufbau auf der Überholspur. Gratis ETFs in unbegrenzter Höhe kaufen, zum echten Nulltarif ohne Tricks und lange Sternchentexte, das auch noch dauerhaft und ohne Lockvogelangebote wie bei deutschen Brokern – das alles bietet DeGiro und setzt damit einen deutlichen Haken hinter den Punkt geringere Kosten. Sicherlich ist die Einschränkung auf einen ETF für den einen oder anderen keine Ideallösung. Aber das ist der ETF-Sparplan selbst aus unserer Sicht auch schon nicht. Wir nutzen ETFs im Atypisch Still Portfolio nicht zum Zwecke des Steuernzahlens auf nichtrealisierte Gewinne, sondern im Gegenteil sparsam und kurzfristig zum punktuellen Absichern von absehbaren Extremrisiken.
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Wir schreiben absichtlich durchaus kontrovers, stellen aber letztlich nur genau das dar, was wir machen und wie wir es machen. Wie stehst Du zu der aufgezeigten Möglichkeit kostenloser ETF-Käufe, welche Meinung hast du zum Kaufzweck der reinen Absicherung? Schreib uns im Kommentarbereich unten, wir freuen uns über jeden Beitrag!
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