Unsere Artikelserie Warum Du früh 100.000 Euro Depotwert erreichen solltest hat hohe Wellen geschlagen, wir haben viele Rückmeldungen dazu erhalten und wir wollen auf einige Fragen nochmal ausführlicher in diesem Beitrag eingehen!
Leserfrage: Stockt ihr die Kredithöhe bei steigendem Depotwert immer weiter auf, um das ursprüngliche Eigen- zu Fremdkapital-Verhältnis von z.B. 50:50 zu halten?
Es geht uns auf jeden Fall überhaupt nicht darum, möglichst hohe Kredite aufzutürmen. Wir wollen lediglich die nötige Initialzündung für ein sich-selbst-akkumulierendes Depot schaffen, die wir mir einem 100.000-Euro-Depot als erreicht ansehen würden. Wir sehen das so: bis 100.000 Euro dauert es einfach ewig, man findet ständig Ausreden, warum man nun gerade nichts sparen kann und dann kommt sowieso irgendwann Haus, Familie und Auto dazu und spätestens dann war’s das eh. Ab 100.000 Euro dagegen ist der Schneeball bereits ins Rollen gekommen. Monatlich können hier sicherlich zwischen 300 und 350 Euro erwartet werden und das ist bereits der Betrag, den andere Menschen überhaupt erst einmal von ihrem Gehalt weglegen müssen, während es sich hier bereits depotintern wiederanlegt.
Ungefähr ab da geht es dann auch allgemein immer schon um nennenswerte Beträge. Man hat einige Hundert Euro Dividende im Monat, einige Tausend im Jahr, man kann sogar diskutieren, ob man sich ausländische Quellensteuern wieder zurückholt. Vor allem wird es auch steuerlich relevant, da es dann gleich um den drei- bis sogar vierstelligen Bereich an Abgeltungsteuer geht. Wir hätten nämlich im Inlandsdepot eine Abgeltungsteuerquote von den bekannten 26,375 %, bzw. mehr noch, wenn man die nicht anrechenbaren Quellensteuern mit einrechnet.
Wir haben jedoch im Auslandsdepot unterjährig erst einmal eine Steuerquote von lediglich ca. 17 %, und das auch nur, weil wir immer noch durchaus viele deutsche Titel im Portfolio halten, die den Durchschnitt nach oben ziehen. Die Steuererklärung wird dann auch erst zwischen 0,5 und 1,5 Jahre nach Dividendenzufluss abgegeben. Das macht rechnerisch bei ganz überschlägiger Rechnung bereits einige Hundert Euro Differenz, die wir solange investieren können. Also finden sich an ganz verschiedenen Stellen gleich Dimensionen wieder, in denen sich nur ein bisschen Aufwand bereits durchaus auszahlen kann.
Also nochmal zur Ausgangsfrage zurück: wenn der Kreditstand steigt, ist es so. Aber man muss sich der exponentiell steigenden Risiken bewusst sein. Die Kredithöhe muss weiter zum Einkommen passen und die Kreditsteigerungsrate sollte nicht über der Einkommenssteigerungsrate liegen. Dass Banken einem irgendwann keinen Kredit mehr geben, weil die Relationen nicht mehr stimmen, ist ja nicht der Bösartigkeit der Banken geschuldet, sondern ein rationaler Risikobegrenzungsreflex – zum Nutzen beider Seiten.
Man könnte bspw. überlegen, die Kredithöhe bei 50.000 Euro „einzufrieren“. Die Tilgung könnte man z.B. von der allgemeinen Zinsentwicklung abhängig machen. Wir sind uns wahrscheinlich einig, dass bei 100.000 Euro Portfolio 50.000 Euro Kredit noch überschaubar aussehen und definitiv abzahlbar sind. Allerdings wird es bei 200.000 Euro zu 100.000 Euro Kredit oder 400.000 Euro zu 200.000 Euro Kredit immer deutlicher absehbar, dass das finanzielle Risiko schon groß ist. Man bekommt diese Wertpapierkreditsummen auch wahrscheinlich eben nicht mehr mit Rahmenkrediten außerhalb des Depots abgesichert. Und Wertpapierkredite ohne zweites Sicherungsnetz können wir absolut nicht empfehlen.
Deshalb unser Fazit: Initialzündung ja, grenzenlose Kreditausweitung nein. Wir würden behaupten, dass bei Erreichen der 100.000 Euro alles weitere dann auch nicht mehr das große Problem sein sollten.
Leserfrage: Ab wie viel Prozent Depotwertverlust (Blue Chips / Kategorie A-Aktien) muss man mit einem Eigenkapitalnachschuss rechnen? Habt ihr dazu Erfahrungswerte?
Selbstverständlich hatten auch wir schon Margin Calls. Das liegt meist daran, dass wir das Depot zeitweise „eng finanziert“ hatten, aus den verschiedensten Gründen. Wenn man aber ein durchaus konservatives 50:50-Verhältnis durchhält, sollte es sehr unwahrscheinlich sein, dass man schnell mit einem Nachschuss rechnen muss.
Das DeGiro Margin System hat zwei Risikobegrenzungsmarken:
- Für die erste Risikobegrenzung haben Aktien einen pauschalen Beleihungswert von 70 % und Anleihen von 80 %. Das heißt zunächst mal bei einem reinen Aktienportfolio, dass der Kredit nicht höher als 70 % des Portfoliowerts steigen darf, oder umgekehrt, dass die Aktien nicht so tief fallen dürfen, dass ihr Beleihungswert unter die Kredithöhe fällt. Das ist ein Stück weit selbstreferenziell, weil z.B. bei einem Aktienkauf auf Kredit ja Aktien gekauft werden, die wiederum einen Beleihungswert haben und den gesamten absoluten Beleihungswert somit erhöhen. Der Grenznutzen sinkt aber immer weiter, je weiter man sich den relativen 70 % Kredit zu Portfoliowert annähert.
- Dann gibt es noch eine zweite Risikobegrenzung und die ist portfoliorisikoabhängig. DeGiro errechnet über die Klassifizierung der Liquidität der Aktien in die Risikoklassen A, B, C und D sowie über verschiedene Diversifizierungsmerkmale (über Branchen, innerhalb der Branchen, über die Anzahl der Werte etc.) einen Portfoliorisikowert. Dieser muss immer vom Portfolio-Eigenkapital gedeckt sein. Bei uns liegt dieser Wert in einem sehr weit diversifizierten Portfolio mit überwiegend liquiden Aktien bei ca. 30 %. Auch wenn DeGiro selbst sagt, dass sie sich vorbehalten, die Formel in Stressphasen zuungunsten des Kunden anzupassen, konnten wir das bislang nicht bestätigen. Das Portfoliorisiko lag immer im Bereich von 30 % des Portfoliowerts (= Summe aller Wertpapierwerte). Es wird einem also in volatilen Phasen kein Strick gebunden.
Gehen wir also von einem 100.000 Euro Depot aus, das zu 50% und somit mit 50.000 Euro fremdfinanziert ist und rechnen es durch:
- Die Kreditsumme müsste also 70 % des Portfoliowerts überschreiten. Das ist der Fall, wenn der Portfoliowert auf 71.429 Euro sinkt. Folglich darf das gesamte Portfolio um 29,6% fallen.
- Das Portfoliorisiko müsste das Eigenkapital übersteigen. Das wäre der Fall, wenn der Portfoliowert auf 71.429 Euro absinkt, weil dann das Portfoliorisiko genau wie das Eigenkapital 21.428 Euro beträgt.
Wie man sieht, ergibt sich zufällig das gleiche Ergebnis, wenn man 70 % bei Nummer 1 hat und bei Nummer 2 30 % ansetzt. Bei Nummer 2 könnte aber theoretisch auch ein höherer Prozensatz zur Anwendung kommen. Fakt ist im Ergebnis, dass das ganze Portfolio um 30 % absinken müsste. Unterstellt man ein gut diversifiziertes Depot – wir haben über 80 Werte – muss man noch anfügen, dass es schwieriger ist, die Marktschwankung z.B. des DAX mit seinen 30 Werten mit diesen 80 Werten zu übertreffen.
2008 gab es 55 % Kursverlust im DAX. 2000-2003 gab es 73 %. Jetzt fällt es leicht, zu prognostizieren, dass uns ein großer Absturz bevorsteht. Allerdings wird niemand bestreiten, dass der Dot-Com-Blase und der schlimmsten Finanzkrise seit 80 Jahren ganz eigene Spezifika zugrunde lagen. Dann müsste man also schon mal herleiten, woher denn eine Krise solchen Ausmaßes jetzt kommen soll. Mehr als die bekannten Auslöser – China, Zinswende und aus unserer persönlichen Sicht noch plötzliche ETF-Flucht – sehen auch wir nicht. Und warum dann ein vergleichbares Ausmaß? Der ersten Krise ging eine unglaubliche Blase voraus. Die zweite kennzeichnete ein beispielloser Vertrauensverlust in den Maschinenraum des Kapitalismus. Dermaßen gravierend ist aktuell keine Übertreibung absehbar.
Leserfrage: Wie geht ihr bei der Auswahl neuer Investments aus bzw. wie filtert ihr aussichtsreiche Kandidaten vor?
Dazu haben wir hier und hier kürzlich Artikel veröffentlicht. Weiteres gibt es in den Equity Stories, die wir zu gegebener Zeit auch nochmal zusammenfassend aufbereiten werden.
Leserfrage: Die Idee das Aktiendepot mittels einer Firma zu führen klingt spannend. Hatte mich schon mal zu Beteiligungsgesellschaften informiert, jedoch benötigt man dazu ein Mindestkapital von 1 Million Euro… 😉
Das sind die regulierten Beteiligungsgesellschaften. Eine solche braucht man jedoch gar nicht, wenn man nur Wertpapiere in einer Kapitalgesellschaft anlegen möchte. Dafür reicht eine UG vollkommen aus. Wir werden in Kürze mit unseren Artikeln zur Gründung einer solchen starten und detaillierter darauf eingehen! 🙂
Leserfrage: Ich bin auf der Suche nach einem Darlehen in Höhe von 50 bis 150 Tausend Euro bei monatlicher Rückzahlung und sehr langer Laufzeit. Hast du/habt ihr da einen Tipp für mich?
Leider nein. Wir bauen voll auf den Wertpapierkredit in Verbindung mit Rahmenkrediten. Ratenkredite sollen nur in Betracht kommen, wenn sie sich als unbedingt nötig und sinnvoll erweisen. Zum dann geltenden Zinssatz, aber eben nicht von vorneherein eingeplant. Unseres Wissens bietet die DKB aktuell ein gutes Gesamtpaket aus Zinssatz und komfortabler Beantragung.
Welche weiteren Fragen hast Du? Schreib uns unten im Kommentarbereich!
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Vielen Dank für die Beantwortung der Leserfragen. Ich finde euren Blog super und er ist für mich der aktuell spannendste Finanzblog. Weiter so!
Danke für das Lob, wir versuchen unser Bestes 😉
Hallo,
ich hab gerade die Preisliste von Degiro angesehen !
Da steht unter zusätzliche Dienstleistungen beim BASIC/ACTIVE/TRADER Konto
Dividenden-Verarbeitung = 2€ / Verarbeitung
Und beim CUSTODY Konto
Dividenden-Verarbeitung = 1,00 € + 3% der Dividende(maximal 10%)
Stand der Preisliste 25.04.2018
Kann das jemand bestätigen ?
Die Preisliste bestätigt es Dir doch schon. Deshalb ist das Custody-Modell auch unattraktiv. Wir haben das Trader-Profil. Das ist das mit den attraktiven Konditionen und Dividenden kosten nichts. Man stimmt hierbei der Vollständigkeit halber allerdings der Wertpapierverleihung und der Möglichkeit der internen Ausführung der Wertpapierorder zu. Sollte man wissen, bevor man abschließt. Wir können gerne in einem Artikel nochmals ausführlicher darauf eingehen 😉
Nein, schau mal in die Preisliste für TRADER / BASIC /ACTIVE !
Stand Preisliste 25.04.2018
Leider kann ich hier kein Foto hochladen.
Dividenden-Verarbeitung = 2€/Überweisung
Ich hoffe das sich der Fehlerteufel eingeschlichen hat.
Ja, habe ich gesehen und gelesen. Da wir aber das Trader-Konto haben und seit 2014 nicht ein Cent Gebühr auf Dividenden berechnet wurden, gehen wir weiter davon aus, dass es sich hierbei nicht um den Sachverhalt der regulären Dividendenzahlung handelt. Zumal das vermutlich auch schon mal kommuniziert worden wäre, wenn sich das Preisverzeichnis signifikant negativ verändert hätte, anderenfalls hätte man es auf jeden Fall im Internet lesen können. Aber wir fragen mal beim Kundenservice nach, was es damit auf sich hat.
Ich hoffe sehr das es sich um einen anderen Sachverhalt handelt.
Danke das ihr das klärt !
Im Netz habe ich eine alte Preisliste gefunden da steht:
Dividenden- & Coupon Verarbeitung = Gratis
In der neuen Preisliste sind beide Punkte separat aufgelistet.
Eure Artikelserie „Warum du frueh 100000 Euro Depotwert erreichen solltest“
hat mir sehr gut gefallen !
Aber wenn das mit den Dividenden was kostet dann fuktioniert das ganze nicht mehr.
Übrigens, warum kann man auf der Seite hier keine Texte reinkopieren ?
Liegt das an meinem Browser (Firefox) ?
FInde ich doof !
Im Degiro-Preisverzeichnis Großbritannien (->google) steht für Dividendenverarbeitung „free“ – was es auch sein muss, weil Degiro sonst stark am eigenen Marktaufräumer-Status sägen würde. Vermutung daher: der Fehler kam beim Duplizieren der Zeile Verarbeitung Dividenden&Kupons in „Dividenden“ und „Kupons“ zustande und ist ein Fehler. Die 2€/Überweisung betreffen definitiv – und aus eigener Erfahrung bestätigt – die SOFORT-Überweisung. Folglich zu 99,99 % ein Kopierfehler seitens Degiro – es gibt keine Gebühren auf Dividendenverarbeitung.
Das mit dem Kopieren ist ein Kopierschutz, um zu verhindern, dass der Blog kopiert wird (es gibt Leute, die kopieren ganze Blogs und verkaufen es als eigenen, deshalb wollen wir das gleich verhindern). Deshalb ist der Rechtsklick deaktiviert. Strg+V zum Einfügen von Texten im Kommentarfeld funktioniert aber weiterhin.
Viele Grüße und schönen Sonntag noch! 🙂
Hallo,
danke für die Antwort !
Ich denke / hoffe auch das es ein Kopierfehler ist.
Die Strg+V zum Einfügen funktioniert bei mir nicht!
Es kommt: ALERT:You are not allowed to copy content or view source
Toller Blog, weiter so.
schöne Grüße
Wir kümmern uns demnächst drum 😉
Respekt,
Degiro hat in sehr kurzer Zeit den Fehler korrigiert !
Frage,
wie macht ihr das bei US Aktien (Kauf / Dividenden).
Wechselt ihr die Devisen manuell oder über AutoFX
Übrigens,
mit dem iPad kann ich in einer Artikelserie ALLES kopieren (Text/Bilder) !
Auf der Hauptseite funktioniert der Schutz.
Hallo,
eine tolle Idee wie ich finde – sehr inspirierend!
Was mir noch nicht ganz klar ist:
Wie baut ihr die Negativsalden wieder ab? Sprich: Wie tilgt ihr den Wertpapierkredit? Rein aus den Dividendenzahlungen oder auch durch Zuschüsse von Kapital?
Hallo Kai, genau, es tilgt sich über die Zeit von selbst. Wir haben für unseren Fall eine Tilgungsdauer von um die 12 Jahre ausgerechnet, die jedoch von vielen Faktoren beeinflusst wird und nicht in Stein gemeißelt ist. Ganz maßgeblich für unsere Finanzplanung ist die EZB-Leitzins-Entwicklung, weil das der größte Hebel unserer ganzen Ertragssituation ist. Daneben zahlen wir natürlich regelmäßig das ein, was vom monatlichen Gehalt übrig bleibt. Der Schneeball wird somit über die Zeit exponentiell größer. Der Kredit ist nicht Selbstzweck, sondern nur Hilfsmittel, weil nirgends in der Zinszinskurve der Hebel so groß ist, wie beim Startkapital.
Okay, das klingt logisch.
Wie ihr schon schreibt, ist das größte Risiko natürlich die Leitzinspolitik, die den Kredit recht schnell verteuern könnte, so dass die Zinsen > Dividenden werden. Hier müsstet ihr dann ggf. Kapital nachschießen bzw. weniger Aktien vom monatlich eingezahlten Geld kaufen.
Heißt aber, dass ihr immer grob darauf achtet, ein EK/FK-Verhältnis von 50:50 zu haben, so dass weder bei fallenden Kursen noch steigenden Zinsen sofort ein Margin Call droht, richtig?
Und sollte er doch mal kommen, nutzt ihr den Rahmenkredit der anderen Banken.
Genau, wobei wir beim Kredit schon auch irgendwo eine absolute Grenze sehen würden (das kann je nach persönlicher finanzieller Gesamtsituation 50.000 oder 100.000 sein, aber darüber sollte man etwas sparsamer hebeln aus unserer Sicht), oder zumindest dahingehend, dass die Kreditrelation mit steigender Depotgröße zurückgeht. 150.000 Kredit wären im Degiro-System bei z.B. 500.000 Depotwert wohl noch vertretbar unter Risikogesichtspunkten. Wir würden jedoch definitiv davon abraten, eine halbe Million Depot mit einer Viertelmillion Wertpapierkredit zu finanzieren.
Hallo zusammen, ich mal wieder. 😉
Und zwar mit ein paar konkreten Fragen, da ich dem Ganzen zwar grundsätzlich positiv, teilweise aber doch etwa skeptisch gegenüberstehe:
1. Wieso muss es unbedingt ein variabler Zinssatz sein?
Klar sind die 1,25 % unschlagbar günstig, das bleibt aber nicht unbedingt auf Dauer so. Es gibt Ratenkredite für etwa 2-2,5 % mit Zinsbindung für 8 Jahre. Das Risiko des var. Zinssatzes fällt hier weg. Man weiß was man hat und kann einen immer noch sehr schönen Hebel ansetzen. Warum kein Ratenkredit?
2. Einlagensicherung nur bis 20.000 €.
Das schreckt ungemein ab, da das nach ein paar eingezahlten Raten gehebelt mit FK recht zügig erreicht ist. Wie geht Ihr damit um?
3. Das System basiert auf zwei Annahmen: 1. Leitzins EZB (siehe 1.) und 2. erwartete jährliche Rendite
Angenommen der Zinssatz erhöht sich innerhalb weniger Jahre auf 4-5 %, was ist Eure Maßnahme? Es entstehen zwar noch keine Buchverluste, der Cash-Flow wird allerdings schwierig aufrechtzuerhalten sein (bzw. man müsste mit den monatlichen Sparraten tilgen). Ab dem Punkt, an dem Zinssatz = erwartete Rendite (oder sich zumindest in der Nähe befindet), ist das System nicht mehr funktionsfähig/profitabel. Bedeutet: Tilgen. Das geht bei einem hohen FK-Anteil aber nicht mal in ein zwei Monaten, sodass die Maschine zwar weiterläuft, allerdings mit negativer Rendite. Was tun in diesem Fall? Bzw. was ist das Abbruchszenario?
4. Börsencrash: Nachschusspflicht.
Da man damit rechnen muss, dass irgendwann ein Crash kommt, wird man wahrscheinlich einen etwas größeren „privaten“ Liquiditätspuffer einbauen, als würde man lediglich mit EK investieren.
Beispiel: 60 % EK 40 % FK mit 100.000 Depotwert. Es crasht in recht kurzer Zeit (sagen wir mal -70 %, Depotwert 30.000) und man muss mindestens 10.000 € nachschießen (Annahme 50 % Beleihungswert, in einer Krise wird auch das eventuell von den anfänglichen 70 % für Aktien angepasst). Wo kommen diese 10.000 € her, um wieder auf 40.000 Depotwert zu kommen?
Theoretisch müsste man einen Liquiditätspuffer aufrechterhalten, der solche Fälle abdecken kann. Wenn ich nun aber z.B. mit 25 Jahren einen Puffer von 20.000 € habe, weil ich den Kredit aufgenommen habe und mich ohne FK mit 10.000 € „sicher“ fühlen würde, habe ich Opportunitätskosten. Man muss ja nicht auf jeden noch so unrealistischen und desaströsen Fall vorbereitet sein. Ein Crash mit -70 % ist aber nicht komplett unrealistisch, kann auch mal ganz flott gehen und dann sind die 10.000 € schnell notwendig. Würde ich diese 10.000 € direkt anlegen, hätte ich möglicherweise eine höhere erwartete Rendite als bei einem hohen FK-Anteil, der allerdings einen höheren Puffer „erzwingt“.
5. Das System macht Sinn, keine Frage. Es macht aber nur gemittelt und über mindestens 10-15 Jahre Sinn.
Darum auch der Gedanke mit dem gebundenen Zins. Ohne diese lange Anlagedauer trifft die Annahme mit 7 % Rendite nämlich überhaupt nicht zu. Dann ist es eine Spekulation darauf, dass sich der Zins innerhalb der nächsten Jahre nicht wesentlich ändert und der Einstiegszeitpunkt heute besser ist als in zwei, drei oder vier Jahren. Der Einstiegszeitpunkt ist natürlich grundsätzlich immer besser je früher er erfolgt. Das trifft aber nur mit hinreichender Genauigkeit zu, wenn man sehr lange Zeiträume betrachtet und nicht nur einen Zeitraum, in dem die Zinsen gerade recht niedrig sind.
6. Eine Alternative zu Eurer Vorgehensweise wäre also beispielsweise ein (ich nenne es mal so) rollierender Ratenkredit über 10 Jahre. Sodass man monatlich normal die 1.000 € investiert und z.B. jedes halbe Jahr einen „neuen“ Ratenkredit für x Euro mit 2 % über z.B. 8 Jahre aufnimmt. Das ist meiner Meinung nach ein Investment. Eurer Vorgehen empfinde ich eher als Spekulation. Zusätzlicher Vorteil: 100 % sichere Cash-Flows und keine Nachschusspflicht. Da lässt sich das Fremdkapital sogar „risikolos“ mit einem noch höheren Anteil ansetzen, da niemals nachgeschossen werden muss. Tilgung der Raten (und damit Cash-Flow) ist der einzige Aspekt, auf den man achten muss. Die Börsenverläufe sind bis auf etwaige Dividendenkürzungen komplett uninteressant.
Mein Abbruchszenario: Es gibt in diesem Sinne gar keines. Solange der Zinssatz für einen Ratenkredit fürs nächste Jahrzehnt geringer ist als die angenommenen 7 % (oder sicherheitshalber 6 % etc.), nehme ich erneut einen Kredit auf, da das Investment über diesen Zeitraum mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Früchte trägt. In gewissem Sinne (jedes halbe Jahr Kredit) wird zudem der Cost-Average-Effekt genutzt, sodass die Erfolgswahrscheinlichkeit nochmal hoch geht.
7. Ich weiß, dass Ihr ETFs eher skeptisch gegenübersteht. Spricht Eurer Meinung hier etwas dagegen, das System mit einem ausschüttenden, globalen ETF-Portfolio zu erstellen? Nachteil könnte natürlich sein, dass die Dividendenrendite in der Regel geringer ist als bei Einzelaktien.
Ich freue mich auf Eure Antworten.
Grüße vom Depotstudent Dominik 🙂
Kurzer Nachtrag: Ihr habt natürlich ein Sicherheitsnetz. Das nützt allerdings auch nichts mehr, wenn sich die Leitzinsen bis zur Unprofitabilität erhöhen.
Der Kommentar vom Depotstudent ist eine interessante Ergänzung und Fragestellung zu dem hier präsentierten Modell. Euer Feedback würde mich auch sehr interessieren!
Das Feedback auf den Kommentar hatten wir in einem Folgeartikel verarbeitet 😉
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