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Leser fragen – Atypisch Still antwortet (Teil 2)

Uns erreichten neue Leserfragen zu dem von uns vorgestellten 100.000-Euro-Modell mit Wertpapierkredit (Artikelserie hier) und wir wollen hiermit nochmals auf Eure Fragen eingehen! 🙂

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Vorab zunächst eine allgemeine Zuschrift. Der Kommentator „stiller Leser“ schrieb uns:

Ich werd nicht warm mit diesem Blog; wer schreibt ihr eigentlich, eine Person, eine Agentur, wer ist wir? Warum wird degiro so oft erwähnt, schreibt hier die Marketing Abteilung? 

Wir haben zwar schon direkt auf den Kommentar geantwortet, wollen die Fragen aber an dieser Stelle nochmals aufgreifen.  Es ist ja nun mal so, wenn man noch ein junger Blog ist – und uns gibt es gerade zweieinhalb Monate -, dass man zunächst mal startet und irgendeinen Weg einschlägt und verfolgt. Wir haben uns entgegen den allgemeinen Gepflogenheiten in der Finanzblogszene entschieden, nicht unter dem echten Namen zu veröffentlichen. Das hat damit zu tun, dass wir beruflich ebenfalls Finanzbezug und Kundenkontakt haben.

Da es bei nicht nur einer Person genau so unsinnig wäre, „ich“ statt „wir“ zu schreiben, wo sich dann jeder fragen würde, „Und wer ist ‚ich‘?“, belassen wir es halt erst einmal beim einfachen „wir“ als einheitliche Stimme des Atypisch-Still-Kollektivs. Wir denken auch, dass das Private hier nicht allzu viel zur Sache tut, denn auf dieser Plattform soll es um Geldanlage gepaart mit Unternehmertum und um den hochwertigen inhaltlichen Austausch mit der Leserschaft gehen. Alles was wir auf diesem Blog beschreiben, machen wir selbst privat genau so und das ist aus unserer Sicht das was zählt: wir schreiben, was wir machen, kennen uns insoweit ein bisschen aus und stehen voll dahinter – und wollen unsere Ansichten damit gerne in die allgemeine Anleger-Diskussion mit einbringen. Und es ist keine Werbung für irgendwen oder irgendetwas. Wer mit anderen Blog-Formaten besser zurecht kommt, hat ja anderswo genug Auswahl. Dieselbe Frage nach der Identität könnte man dem Kommentator übrigens auch selbst stellen 😉 Ob sich das Format dieses Blogs auf mittelfristige Sicht ändert, werden wir sehen, wissen wir noch nicht. Dass das Aktuelle keine Ideallösung ist, wissen wir aber auch.

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Zu häufigen Nennung von Degiro: Nein, wir haben mit Degiro nichts zu tun. Wir haben unsere Depots bei diesem Broker, und zwar seit Markteinführung in Deutschland im Sommer/Herbst 2014. Warum? Nun, Degiro ist der erste Broker der die verkrustete deutsche Broker- und Preislandschaft radikal aufbricht und mit unvergleichlicher Kompromisslosigkeit die Effizienzgewinne eines FinTech-Start-Ups (wobei es Degiro schon seit ca. zehn Jahren gibt) an die Kunden weiterreicht. Wir haben vorher bereits Depots bei diversen Brokern gehabt, das ging von klassischen Banken wie der HypoVereinsbank über FlatEx bis hin zur OnVista-Bank und LYNX. Einzig LYNX war nach unserer Erfahrung preislich vergleichbar wettbewerbsfähig.  Jedoch will auch LYNX mindestens 5,80 Euro für die Aktienorder.

Es entzieht sich deshalb unserem Verständnis, warum Degiro derart unterrepräsentiert ist in der Finanzblogszene und in den Broker-Tests, obwohl es DAS (preisliche) Schlüsselwerkzeug zum Wohlstand ist. Deshalb haben wir überhaupt kein Problem damit, die Vorteile von Degiro fortwährend hervorzuheben. Degiro hat übrigens auch Nachteile, über die wir in einem kommenden Artikel auch noch schreiben werden!

Warum wir Degiro mit dieser Leidenschaft loben? Das kann man wohl nur verstehen, wenn man sich bereits im Studium mit Wertpapieren beschäftigt und sich darüber ärgern muss, dass für die 100-Euro-Order Gebühren von 10, 12 oder 15 Euro gefordert werden, für eine Leistung, die rein elektronisch stattfindet. Es hat sich als traumatisches Ereignis anscheinend tief eingebrannt 🙂

Des Weiteren gibt es bei Degiro beständig Newsletter-Mails, in denen die Fortentwicklung der Handelsplattform – meist – zum Nutzen des Kunden dargestellt wird. Beispielsweise sollte sogar ein Ordertyp eingeführt werden, mit dem man Aktienbruchstücke kaufen kann, oder eine Art Sparplan-Order, mit der man sich die Kombination verschiedener Aktienbruchstücke zukaufen kann. Beides gibt es bis heute tatsächlich nicht, muss man fairerweise sagen. Aber wir goutieren es absolut, dass es wenigstens kontinuierliche Bestrebungen gibt, den Kundennutzen zu mehren, auch wenn am Ende nicht alles klappt.

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Auch das Projekt Deziro ist z.B. extrem interessant. Das wäre ein Schwesterbroker zu Degiro gewesen mit dem Geschäftsmodell, dass alles mehr oder weniger komplett gratis ist und die Monetarisierung über Werbeschaltungen erfolgt. Das Projekt ist nach unserer Kenntnis festgefahren und wird nicht weiter verfolgt. Aber es zeigt nochmals die Kraft und den Willen zur Revolution des Brokeruniversums. Während in Deutschland die größte Innovation die Free-Buy-Order ist (und der eventuelle Verkauf kostet dann umso mehr). Wir sind jedenfalls gerne Teil dieses revolutionären Brokers, der die deutsche Broker-Sülze am Gelieren hindert und sind auch gerne nicht Teil der Finanzierung des Bedenkenträger-Wasserkopfes deutscher Broker mit seinen saftigen Gebühren und Unwillen zur Verschlankung der Prozesse zum Nutzen der Kunden.

Wir wollen das auch mal am Zahlenwerk von Degiro-Depoteröffnung im Oktober 2014 bis Ende 2017 darstellen. Speziell für unsere Leser hier eine Auswertung aus dem Atypisch-Still-Portfolio:

  • wir hatten einen Wertpapierumschlag (Summe der absoluten Werte aus Käufen und Verkäufen) von ingesamt 267.000 Euro
  • wir hatten für alle Käufe Transaktionskosten von insgesamt 630 Euro
  • wir hatten für alle Verkäufe Transaktionskosten von insgesamt 162 Euro
  • wir hatten Wertpapierkreditzinszahlungen von insgesamt 2.143 Euro
  • laufende Erträge dagegen im untersten fünfstelligen Bereich, die detaillierte Auswertung wäre etwas aufwändiger

Erläuternd ist noch hinzuzufügen, dass sich das Portfolio einigermaßen linear aufgebaut hat, beginnend vom vierstelligen Bereich bei Eröffnung, und begleitet natürlich von einem saftigen Anteil Wertpapierkredit.

Man könnte jetzt fragen, woher der für ein relativ konsequentes Kaufen & Akkumulierenlassen doch recht hohe Anteil Verkaufsgebühren kommt. Verschiedene Gründe liegen hierfür vor:

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  • In der Anfangszeit aufgrund Unübersichtlichkeit der Degiro-Handelsplattform (ist mittlerweile anders) erfolgter irrtümlicher Kauf von US-Aktien auf deutschen Handelsplätzen, dann Verkauf und Neukauf bei amerikanischer Börse, aus Kreditrating-Gründen. Unnötige Kosten natürlich, aber die 2, 3, 4 Euro fallen halt am Ende kaum noch ins Gewicht.
  • Die kleinste Kaufeinheit waren 250-Euro-Blöcke. Bei fortschreitendem Depotwachstum verlieren diese Kleinstpositionen an Bedeutung, sodass man sich eigentlich irgendwann entscheiden müsste, aufzustocken oder ohne große Performance-Auswirkung liegen zu lassen oder zugunsten größerer Pakete zu verkaufen bei entsprechenden Kaufgelegenheiten anderer Titel. Letzteres war zwei, drei Mal ein Thema. Kapital ist eben knapp und das gilt auch und gerade bei Wertpapierkreditunterstützung. Eine Art Frühjahrsputz also, bei der dann einige Kleinstpositionen rausflogen und ein im Kontext des Depotvolumens adäquater größerer Zukauf erfolgte. Wir machen in Zukunft noch einen Artikel dazu, welche Kleinstpositionen wir mal hatten (die alle durchaus sehr gute, ausgesuchte Unternehmen waren), die dann rausgeflogen sind und welche wir im Rückblick doch besser behalten hätten 🙂
  • Auch Skandale spielen eine Rolle. Wells Fargo als größere Position flog beim Phantomkonten-Skandal raus, Publity als zeitweise größte Depotposition bei Bekanntwerden des Wandelanleihen-Skandals.

Wir laden gerne dazu ein, dass unsere Leser ihre eigenen Werte im Kommentarbereich zur Verfügung stellen. Mit 99,9%iger Wahrscheinlichkeit wird man dieser Verhältnisse jedoch nicht unterbieten können.

Also im Ergebnis muss man sich das einfach mal geben: Knapp 300.000 Euro Wertpapierhandelsvolumen bei weniger als 1.000 Euro Handelskosten dafür. Vergleicht man das mit den 10 Euro für die 100 Euro-Order einer klassischen deutschen Bank im Studenten-Depot, kann man hoffentlich ein Stück weit nachvollziehen, warum wir so zufrieden mit Degiro sind. Es ist für uns einer DER Schlüssel, um überhaupt in die Lage versetzt zu werden, langfristig Vermögen aufbauen zu können. 0,54 Euro kostet es, Google-Aktien im Wert von 5.000 Euro an amerikanischen Börsen zu kaufen. 54 Cent! Tut uns leid, aber wir können das nur feiern. Es ist der erste Broker, bei dem der Kunde und das Kundeninteresse konsequent im Mittelpunkt steht.

Fassen wir zusammen:

  • konkurrenzlos günstige Transaktionsgebühren (es gibt zusätzlich zu den Transaktionskosten nur ein jährliches Börsenplatzentgelt von 2,50 Euro pro in Anspruch genommener Börse)
  • alle essentiellen Grundfunktionen gratis: Depotführung, Dividenden, Einzahlungen/Auszahlungen etc.
  • Wertpapierkredit zu aktuell 1,25 % p.a. Sollzins
  • üppige Beleihungswerte – Hebel bis ca. 2,33 auf Aktien möglich
  • 700 ETFs dauerhaft gratis
  • generell ein dauerhaftes Niedrigstpreisangebot für alle, auch für die Bestandskunden, statt ständig wechselner Lockvogelangebote mit anschließender Abzocke

Der Abschnitt ist jetzt doch etwas länger geworden für eine reine Beantwortung einer Leserfrage, aber wir hoffen, wir konnten unseren Punkt trotzdem klar machen 😉

Nächste Zuschrift. Der Depotstudent schrieb uns im Kommentarbereich:

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1. Wieso muss es unbedingt ein variabler Zinssatz sein?

Klar sind die 1,25 % unschlagbar günstig, das bleibt aber nicht unbedingt auf Dauer so. Es gibt Ratenkredite für etwa 2-2,5 % mit Zinsbindung für 8 Jahre. Das Risiko des var. Zinssatzes fällt hier weg. Man weiß was man hat und kann einen immer noch sehr schönen Hebel ansetzen. Warum kein Ratenkredit?

Völlig korrekt!

Wir kommen aber natürlich an dem Fakt, dass der Wertpapierkredit zunächst auf absehbare Zeit weiterhin 1,25 % kostet, nicht drumherum. Sogar bei ein oder sogar zwei Leitzinserhöhungen dürfte der Wertpapierkreditzins bei 1,25 % bleiben. Der Zins berechnet sich aus EONIA + Marge. EONIA steht aktuell bei knapp -0,4 % (und ist auch sonst üblicherweise in der Nähe des EZB-Einlagensatzes zu finden), wobei Degiro jedoch – frecherweise – von 0,0 % als Untergrenze ausgeht und die Differenz einstreicht, und die Marge ist 1,25 %. Den von uns gelesenen Finanzzeitschriften zufolge sollte es eine Leitzinsanhebung nicht vor Mitte 2019 geben. Wir sehen derzeit auch keinen steilen Anhebungspfad. Wir sehen auch perspektivisch nicht das Zinsniveau von vor der Finanzkrise. Der Wertpapierkredit rechnet sich so lange – klassische BWL – wie der Zinssatz unter der Gesamtkapitalrendite liegt. Stellt man auf Auszahlungsgesichtspunkte ab, kann man also die Dividendenrendite des Depots heranziehen. Diese liegt bei uns etwas über 4 % gesehen. Der wiederangestiegene EUR/USD hat hier deutlich negative Spuren hinterlassen. Und wir wollen das klar sagen: wir sehen die 4 % Leitzinsniveau nicht. Es ist ja mittlerweile sogar schon eine mediale Eierei bei der FED, ob sie auf dem Niveau von 1,5-1,75 % bei einer Inflation von über 2 % weiter deutlich anheben soll oder ob ein Überschießen der Inflation über das 2 %-Ziel toleriert werden soll.

Aus heutiger Sicht haben wir also auf jeden Fall noch ca. 1,5 Jahre, um unsere Finanzen ggfs. zu regeln, wenn es notwendig sein sollte. Warum sollte ich also mehr als 1 % zahlen, wenn ich 1 % haben kann, dazu ohne Papierkram, völlig variabel tilg- oder ausnutzbar, und die Grenze nach oben stellen die Aktienwerte und nicht die Willkür der Banken dar?

Wir raten deshalb auch, den Wertpapierkredit in absoluten Größenordnungen nicht allzu stark steigen zu lassen. Wir haben das im ersten Artikel der Serie erläutert, dass wir mehr oder weniger von Gutverdienern ausgehen – und der Arbeitsmarkt ist aktuell recht eng. Deshalb sollten die bis zu 50.000 Euro, die wir regelmäßig als Initialzündung fürs Depot bezeichnen, in absehbarer Zeit getilgt werden können, wenn es notwendig sein sollte.

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Die Rahmenkredite kosten 6 % – variabel – und würden auch teurer werden. Diese sind aber schon ohnehin nur für Notfälle und nicht zu dauerhaften Finanzierung gedacht.

Wir würden – abschließend – im Falle eines Crashes oder einer Krise jedoch wahrscheinlich tatsächlich stärker in Ratenkredite zu zusätzlichen Investmentzwecken gehen und sich bietende Chancen ggfs. nutzen.

2. Einlagensicherung nur bis 20.000 €.

Das schreckt ungemein ab, da das nach ein paar eingezahlten Raten gehebelt mit FK recht zügig erreicht ist. Wie geht Ihr damit um?

Wir haben keine Einlagen, da unser Kontostand durch den Wertpapierkredit negativ ist. Somit Kredit statt Einlage. Es könnte also höchstens der Kredit verloren gehen. Den würde ein etwaiger Insolvenzverwalter jedoch vermutlich unproblematisch einfordern können von uns. Wertpapiere sind definitionsgemäß „technisch“ sicher, weil wir Eigentümer sind und Degiro nur treuhänderischer Verwahrer. Anders herum: Degiro kann nicht Eigentümer der Wertpapiere sein. Dass Degiro selbst als Treuhänder im Aktienbuch bei Namensaktiengesellschaften eingetragen ist, stört uns auch sehr, aber einen Tod müssen wir sterben für die guten Konditionen 😉 Gefahren ergeben sich nach unserer Kenntnis daraus nicht.

3. Das System basiert auf zwei Annahmen: 1. Leitzins EZB (siehe 1.) und 2. erwartete jährliche Rendite

Angenommen der Zinssatz erhöht sich innerhalb weniger Jahre auf 4-5 %, was ist Eure Maßnahme? Es entstehen zwar noch keine Buchverluste, der Cash-Flow wird allerdings schwierig aufrechtzuerhalten sein (bzw. man müsste mit den monatlichen Sparraten tilgen). Ab dem Punkt, an dem Zinssatz = erwartete Rendite (oder sich zumindest in der Nähe befindet), ist das System nicht mehr funktionsfähig/profitabel. Bedeutet: Tilgen. Das geht bei einem hohen FK-Anteil aber nicht mal in ein zwei Monaten, sodass die Maschine zwar weiterläuft, allerdings mit negativer Rendite. Was tun in diesem Fall? Bzw. was ist das Abbruchszenario?

Das trifft in der Theorie alles zu. Wir erwarten jedoch keine Leitzinsanhebung „über Nacht“. Wir haben in unserem ersten Artikel der Serie geschrieben, dass wir eine Sparrate von 1.000 Euro einfach voraussetzen. Folglich würde es vier Jahre dauern, die von uns außerdem unterstellten 50.000 Euro Kredit abzuzahlen. Abzüglich bis dahin auflaufender Erträge, die auch tilgen, somit deutlich weniger als vier Jahre. Wir tilgen jedoch ohnehin ständig, indem wir Erträge nicht entnehmen und den vom Gehalt verbleibenden Überschuss bei Degiro einzahlen. Das ist also nicht isoliert zu sehen, sondern in das fortlaufende Investieren eingebettet und das Aufrechterhalten des Wertpapierkredits von 50.000 Euro ist auch kein Selbstzweck. Nutzen, wenn es Sinn macht, und das macht es am Anfang extrem, und ggfs. einfrieren/abbauen, wenn der Start für den rollenden Schneeball geglückt ist.

Ökonomisch gesehen, also nicht pagatorisch, gehen wir von einer Wert- und Dividendensteigerung von 7 % p.a. aus. Somit Kurssteigerungen und laufende Erträge. Dazu die Anmerkung, dass der (Performance-)DAX mit allen Krisen und allen Pleiterunternehmen über 30 Jahre 8,5-9 % p.a. gestiegen ist. Wir rechnen also schon durchaus konservativ. D.h. wirtschaftlich könnte man einen Leitzins bis ca. 5 % unter Berücksichtigung von Steuern aushalten, auf pagatorischer Basis wesentlich weniger. Wir sehen einen derart hohen Leitzins aber aktuell auch nicht kommen.

4. Börsencrash: Nachschusspflicht.

Da man damit rechnen muss, dass irgendwann ein Crash kommt, wird man wahrscheinlich einen etwas größeren „privaten“ Liquiditätspuffer einbauen, als würde man lediglich mit EK investieren.

Beispiel: 60 % EK 40 % FK mit 100.000 Depotwert. Es crasht in recht kurzer Zeit (sagen wir mal -70 %, Depotwert 30.000) und man muss mindestens 10.000 € nachschießen (Annahme 50 % Beleihungswert, in einer Krise wird auch das eventuell von den anfänglichen 70 % für Aktien angepasst). Wo kommen diese 10.000 € her, um wieder auf 40.000 Depotwert zu kommen?
Theoretisch müsste man einen Liquiditätspuffer aufrechterhalten, der solche Fälle abdecken kann. Wenn ich nun aber z.B. mit 25 Jahren einen Puffer von 20.000 € habe, weil ich den Kredit aufgenommen habe und mich ohne FK mit 10.000 € „sicher“ fühlen würde, habe ich Opportunitätskosten. Man muss ja nicht auf jeden noch so unrealistischen und desaströsen Fall vorbereitet sein. Ein Crash mit -70 % ist aber nicht komplett unrealistisch, kann auch mal ganz flott gehen und dann sind die 10.000 € schnell notwendig. Würde ich diese 10.000 € direkt anlegen, hätte ich möglicherweise eine höhere erwartete Rendite als bei einem hohen FK-Anteil, der allerdings einen höheren Puffer „erzwingt“.

Also wir wollen jetzt nicht überheblich klingen, aber die 10.000 Euro kann man zunächst auch mal vom Dispo bezahlen, wenn es drängt. Das dreifache Netto wird ja von den Banken üblicherweise gewährt und wir haben jeweils das Maximum beantragt.

Als Puffer haben wir Rahmenkredite, die möglichst in Höhe des Wertpapierkredits beantragt werden sollten. Diese sind in Zeiten der Nichtnutzung kostenlos. Also wird hiermit die üblicherweise ungenutzte und brachliegende Bonität monetarisiert, indem sie dem kostenlosen Pufferkredit und damit als billiger Ersatz für teures Eigenkapital dient. Ob das mit den dauerhaften hohen – ungenutzten – Rahmenkrediten z.B. übermäßig negativ für die Schufa ist, können wir gar nicht genau sagen. Wir hatten jedoch bislang keine damit im Zusammenhang stehenden Probleme und die Schufa-Auszüge sind einigermaßen unauffällig.

Insgesamt sehen wir das so: angenommen es kommt ein drastischer Crash. Dann müsste ja erstmal der bereits innerhalb von Degiro vorhandene Spielraum/Finanzrahmen aufgebraucht werden. Anschließend kommt der Margin Call. Dann muss man halt gucken, was am bequemsten ist. Die erste Überweisung geht bei uns dann immer erstmal vom Dispo ab, zeitgleich wird der Rahmenkredit in Anspruch genommen, dieser gleicht dann den Dispo wieder aus. Das geht bei der ING Diba sehr schnell, z.T. gleichtägig. Wenn der erste Rahmenkredit voll ist, kommt der zweite dran und anschließend der Dispo.

Sollte das immer noch nicht reichen, und das dürfte ein sehr sehr singulärer Fall sein, hat man ja immer noch zwei Möglichkeiten. Kurzfristig einen Ratenkredit beantragen oder eben Aktien verkaufen (zunächst die mit schlechtem Kreditrating). Insgesamt sehen wir uns deshalb für diese Situation mehr als komfortabel aufgestellt. Man muss dann bei Erreichen der 50.000EK/50.000FK=100.000€ eben langsam von dem Gedanken wegkommen, dass der substantielle Hebel in der Höhe aufrecht erhalten bleiben soll und das verhältnismäßige Risiko langsam abbauen. Wichtig ist halt, sich einfach mal hinzusetzen und sich VORHER Gedanken zu machen: was würde ich tun, wenn der Markt so und so viel nachgibt. Welche Kreditmöglichkeiten habe ich, auf welche habe ich ggfs. kurzfristig Zugriff? Und das gerne auch mal schriftlich festhalten.

5. Das System macht Sinn, keine Frage. Es macht aber nur gemittelt und über mindestens 10-15 Jahre Sinn.

Darum auch der Gedanke mit dem gebundenen Zins. Ohne diese lange Anlagedauer trifft die Annahme mit 7 % Rendite nämlich überhaupt nicht zu. Dann ist es eine Spekulation darauf, dass sich der Zins innerhalb der nächsten Jahre nicht wesentlich ändert und der Einstiegszeitpunkt heute besser ist als in zwei, drei oder vier Jahren. Der Einstiegszeitpunkt ist natürlich grundsätzlich immer besser je früher er erfolgt. Das trifft aber nur mit hinreichender Genauigkeit zu, wenn man sehr lange Zeiträume betrachtet und nicht nur einen Zeitraum, in dem die Zinsen gerade recht niedrig sind.

Richtig, wir sind extrem langfristige Anleger und haben verdammtes Glück gehabt mit den niedrigen Zinsen. Vom Grundsatz her unterstreichen wir auch absolut die Maxime „verkauft wird am besten nie“, und auch „gekauft wird nur nach reiflicher Überlegung, damit man am Ende nicht gleich wieder verkaufen muss“. Wir haben deshalb auch einen relativ niedrigen Portfolioumschlag, weil ab bestimmten Größenordnungen weniger die Gebühren eine Rolle spielen, als die Steuern auf den Verkaufsgewinn, die bei jedem Verkauf ausgelöst werden. Für uns eine sehr schöne Verkaufshemmschwelle, dass wir bei einem Verkauf Steuern im vierstelligen Bereich bezahlen müssten – was wir natürlich nicht wollen.

Übrigens auch eine schöne Verkaufshemmschwelle als Anreiz zum Stillhalten bei Leuten mit nervösem Kauf-/Verkaufsknopf-Finger ist die konsequente Orientierung an der rechnerischen monatlichen Dividende. Ab einer gewissen Größenordnung möchte man nämlich ein Absinken unbedingt vermeiden, zumindest ist das bei uns so. Muss man dann natürlich z.B. in Excel nachverfolgen.

Dass man die 7 % p.a. Rendite nicht erreicht, kommt unseres Erachtens gedanklich wohl aus der ETF-Ecke. Warum kaufen wir denn spezielle Aktien? Entweder, weil a) eine besondere Situation z.B. ein Kurseinbruch bei einem ansonsten funktionierenden Unternehmen vorliegt oder b) weil das Unternehmen aufgrund seines Geschäftsmodells besonders gute Aussichten hat. Es ist ja schließlich kein Zocken oder Blindflug, was wir machen. Wir haben genau diese Unternehmen im Portfolio, weil wir genau diese Unternehmen haben wollten. Im Übrigen haben wir diverse Aktien im Portfolio, die wir aus bestimmten Gründen sogar auf Höchstkursen gekauft haben (Amazon, Microsoft…) und die sich seitdem trotzdem mehr als verdoppelt haben. Mit einer rechnerischen Rendite natürlich von weit mehr als 7 % p.a. seit Kauf, die wir, ohne es auf die Nachkommastelle genau zu wissen, auch auf Gesamtdepot-Ebene wahrscheinlich weit übertroffen haben. Die 7 % brauchen wir jedoch trotzdem gedanklich zum groben Überschlagen und für die Portfoliostrategie.

Auf Index-Ebene dagegen geben wir Dir jedoch gerne Recht, dass bei einem Einstieg auf Höchstkursen die 7 % p.a. kaum zu erreichen sein werden.

6. Eine Alternative zu Eurer Vorgehensweise wäre also beispielsweise ein (ich nenne es mal so) rollierender Ratenkredit über 10 Jahre. Sodass man monatlich normal die 1.000 € investiert und z.B. jedes halbe Jahr einen „neuen“ Ratenkredit für x Euro mit 2 % über z.B. 8 Jahre aufnimmt. Das ist meiner Meinung nach ein Investment. Eurer Vorgehen empfinde ich eher als Spekulation. Zusätzlicher Vorteil: 100 % sichere Cash-Flows und keine Nachschusspflicht. Da lässt sich das Fremdkapital sogar „risikolos“ mit einem noch höheren Anteil ansetzen, da niemals nachgeschossen werden muss. Tilgung der Raten (und damit Cash-Flow) ist der einzige Aspekt, auf den man achten muss. Die Börsenverläufe sind bis auf etwaige Dividendenkürzungen komplett uninteressant.
Mein Abbruchszenario: Es gibt in diesem Sinne gar keines. Solange der Zinssatz für einen Ratenkredit fürs nächste Jahrzehnt geringer ist als die angenommenen 7 % (oder sicherheitshalber 6 % etc.), nehme ich erneut einen Kredit auf, da das Investment über diesen Zeitraum mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Früchte trägt. In gewissem Sinne (jedes halbe Jahr Kredit) wird zudem der Cost-Average-Effekt genutzt, sodass die Erfolgswahrscheinlichkeit nochmal hoch geht.

Selbstverständlich gibt es Alternativen zu unserer Vorgehensweise, wir halten diese jedoch für weniger flexibel und teurer. Wir spekulieren, wenn man so will, auf eine dauerhaft günstigere Refinanzierung. Wir zahlen jedoch seit 3,5 Jahren 1,25 % p.a. Sollzinsen und werden dies voraussichtlich noch mindestens weitere 1,5 Jahre machen können. Und das ist auch noch gar nicht ausgemacht, dass die Zinsen angehoben werden und wenn ja, wie schnell. Und tilgen oder umschulden kann man ja immer noch.

Wie oben dargestellt sind die angestrebten 50.000 Euro Wertpapierkredit auch insgesamt noch recht übersichtlich und für Normalverdiener im finanziellen Gesamtkontext wahrscheinlich wenig riskant. Wir würden hier auch Risiken für die Schufa sehen, wenn man jedes halbe Jahr neue Kredite beantragt.

7. Ich weiß, dass Ihr ETFs eher skeptisch gegenübersteht. Spricht Eurer Meinung hier etwas dagegen, das System mit einem ausschüttenden, globalen ETF-Portfolio zu erstellen? Nachteil könnte natürlich sein, dass die Dividendenrendite in der Regel geringer ist als bei Einzelaktien.

Der ETF ist von der Grundidee ja sehr gut. Wir haben in unserem ETF-Artikel damals in erster Linie auf die aus der technischen Konstruktion resultierenden Risiken hingewiesen und sind einfach grundsätzlich Freunde der Direktanlage. Wie du aber schon richtig feststellst, ist einer der großen Vorteile der Direktanlage die Beeinflussbarkeit der Höhe der Auszahlung.

Es wird zumindest bei Degiro aber wahrscheinlich am Wertpapierkreditrating hapern, weil ETFs unserer Kenntnis nach nicht beleihbar sind. Solltest Du es mit Ratenkrediten refinanzieren wollen, spricht auch das dann nicht mehr dagegen. Wir können aber ETFs grundsätzlich nicht empfehlen, weil ich mir mit einem DAX-ETF Unternehmen wie die Deutsche Bank, die Commerzbank etc. einkaufe, die ich allesamt nicht haben will. Das wird bei globalen ETFs vermutlich vergleichbar sein, dass genug Performance-Tode enthalten sind.

Wir hoffen, wir konnten erschöpfend auf Eure Fragen eingehen und freuen uns sehr über das Interesse!

Welche weiteren Fragen hast Du? Schreib uns unten im Kommentarbereich! 🙂

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5 Gedanken zu „Leser fragen – Atypisch Still antwortet (Teil 2)“

  1. Auch ETFs können bei Degiro beliehen werden. ETFs mit Titeln in denen Industrienationen überwiegen mit max. 70% (zu erkennen am „G“ hinter der Position), jene in denen Titel aus den Emerging Markets überwiegen mit max. 50% (zu erkennen am „I“ hinter der Position).

  2. Hallo atypisch still Team,
    Wie funktioniert das mit Einlagen und Entnahmen aus der Gesellschaft? Kann man das einfach so machen wenn es als EK-Veränderung läuft?
    Oder ist die einzige Möglichkeit über Ausschüttungen oder Gehälter an die Gesellschafter Geld rauszuziehen?
    Viele Grüße
    Windsurfer

    1. Hallo Windsurfer,

      das lässt sich in dieser Kürze nicht abschließend beantworten. Nur so viel: ja, man kann ausschütten, ja, man kann einlegen, ja, man kann diese Einlagen auch wieder aus der Gesellschaft herausbekommen. Ob es aber sinnvoll ist, dies zu tun, steht auf einem anderen Blatt. Die Sparschwein-UG ist ein Thesaurierungsansatz, der bis zur Renten-/Entnahmephase nicht auf Entnahmen angelegt ist. Du kannst für weiterführende Informationen gerne fokussiert zur Kapitalrücklage und zum steuerlichen Einlagenkonto recherchieren.

      Beste Grüße
      Atypisch Still

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